Süddeutsche Zeitung

Ein Bild und seine Geschichte:Fort Bowie, ein Stachel im Apachenland

Arizona in den 1880er Jahren: Die Apachen wehren sich dagegen, in Reservaten "konzentriert" zu werden - es ist der Beginn der kurzen Geschichte von Fort Bowie.

Von Kurt Kister

Ein Bild und seine Geschichte

SZ.de zeigt in loser Folge jeweils ein besonderes Foto oder eine besondere Abbildung. Hinter manchen Aufnahmen und Bildern steckt eine konkrete Geschichte, andere stehen exemplarisch für historische Begebenheiten und Zeitumstände. Übersicht der bisher erschienenen Texte

"Das Land ist sehr rau, bedeckt von Kakteen und voller Klapperschlangen ... wenn es mal regnet, ist es ein tropischer Wolkenbruch, der im Nu trockene Canyons zu reißenden Flussläufen macht."

So beschrieb im Mai 1886 der Armeearzt Leonard Wood die Gegend, in der er mit einem Trupp von Infanteristen, Kavalleristen und sogenannten indianischen Scouts unter dem Kommando des Hauptmanns Henry Lawton nach Apachen suchte, die unter ihrem Häuptling Geronimo wieder einmal die Reservation verlassen hatten, um eine Freiheit zu finden, die es damals für die Native Americans kaum mehr gab.

Im Südosten von Arizona, nicht weit von der Grenze zu Mexiko, lag auf einer trockenen, steinigen Hochebene ein Fort, das im Juli 1862 gegründet wurde und knapp 30 Jahre lang existierte. Fort Bowie sollte den Apache Pass sichern, der ein Durchgang war zwischen den Chiricahua-Bergen und den Dos-Cabezas-Bergen.

Eine Geschichte wie von Drehbuchautoren erfunden

Die Straße über den Pass war einer der wenigen Wege aus dem amerikanischen Südwesten nach Kalifornien. Gleichzeitig stellte er die kürzeste Verbindung von Tucson zum Rio Grande dar. Und die Gegend war Siedlungsgebiet eben jener Apachen, deren berühmteste Anführer Cochise und Geronimo hießen.

Die kurze Geschichte des Forts liest sich heute, als hätten sie Drehbuchautoren für eine Serie über den Wilden Westen erfunden. Bevor das Fort entstand, gab es auf der Straße zum Apachen-Pass eine Postkutschen-Station. Die Firma Butterfield Overland transportierte Menschen und Güter über die Berge nach Tucson; hin und wieder kam es zu Scharmützeln mit den Apachen, die um ihr angestammtes Land fürchteten.

Die Butterfield Overland Route über den Pass galt nur als mäßig sicher. Als im Sommer 1861 der Bürgerkrieg ausbrach, beanspruchten die Südstaaten Arizona und die umliegenden Territorien für sich. Die Union wollte das nicht hinnehmen, und aus Kalifornien marschierte im Sommer 1862 eine freiwillige US-Brigade Richtung Tucson.

Völlig unabhängig vom Bürgerkrieg, der den Apachen des Häuptlings Cochise ziemlich egal war, gerieten einzelne US-Soldaten in den Bergen in Händel mit den Indianern. Als eine Kompanie über den Pass marschierte, eskalierte das Ganze am 15. Juli 1862 zu dem, was bis heute als "Gefecht am Apachen-Pass" bekannt ist: Cochises Männer versuchten, den Marsch der Soldaten zu stoppen; die schossen sich, nicht zuletzt mit zwei kleinen Haubitzen, den Weg frei.

Letztlich war dieses Gefecht der Anlass, dass sich die Armee ein paar Hundert Meter aufwärts vom Ort der Schießerei zunächst provisorisch und dann fest etablierte. Der 28. Juli 1862 gilt als Gründungsdatum von Fort Bowie. Benannt wurde das Fort keineswegs nach dem amerikanischen Volkshelden Jim Bowie (der mit dem Messer), sondern vielmehr nach dem Befehlshaber der kalifornischen US-Freiwilligen-Brigade, einem gewissen George Washington Bowie.

In den Bergen rund um Fort Bowie herrschte die nachfolgenden dreißig Jahre lang ein prekärer Frieden zwischen Soldaten und Siedlern auf der einen Seite und den Apachen auch der anderen. Die Indianer wehrten sich verständlicherweise gegen die US-Politik, die im Prinzip vorsah, die Ureinwohner in begrenzten, oft unwirtlichen Gebieten, den Reservaten, zu "konzentrieren" (to concentrate the Indians, war die offizielle Sprachregelung).

Mehrmals verließen Gruppen von Chiricahua-Apachen unter der Führung von Geronimo die Reservation; sie gingen nach Mexiko oder führten aus dem unzugänglichen Bergland einen nicht sehr intensiven Guerilla-Krieg gegen die Armee. Das letzte Mal sahen die Apachen Fort Bowie und die dortige Militär-Reservation im September 1886.

Deportiert nach Florida

Als Resultat jener Militäraktion unter Hauptmann Lawton, an der auch der Militärarzt Wood teilnahm, wurden Geronimo und die letzten seiner Chiricahuas nach Fort Bowie als Gefangene zurückgebracht. Von dort aus verfrachtete man sie dann mit der Eisenbahn nach Florida, weit weg von ihren Bergen.

Fort Bowie wurde 1898 aufgegeben; es verfiel schnell. Rancher holten sich alles, was von den Gebäuden noch brauchbar war. Heute kann man zu den Ruinen des Forts von einem Parkplatz aus eine gute Stunde durch die moderate Wildnis auf einem Pfad wandern. Man kommt an einem Friedhof vorbei, der aussieht wie aus dem Kino und an den Resten der Postkutschenstation.

Auf der Hochfläche sieht man Mauerreste, einen Fahnenmast und eine Hütte, in der tagsüber ein Nationalpark-Ranger Dienst tut. Er rät, man solle beim Rückweg aufpassen. Klapperschlangen gibt es immer noch in der Gegend.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3861632
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/odg
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.