Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon strebt wegen des Brexits ein zweites Referendum über die Unabhängigkeit von Großbritannien an. Sie werde das schottische Parlament in der kommende Woche um eine entsprechende Entscheidung bitten, sagte First Minister Sturgeon am Montag in Edinburgh, und sich anschließend mit der britischen Regierung darüber verständigen. Als Zeitpunkt für die Volksabstimmung nannte sie einen Termin zwischen Ende 2018 und Anfang 2019.
Die britische Regierung reagiert mit scharfer Kritik. Eine solche Volksabstimmung wäre "spalterisch" und würde "zum schlimmstmöglichen Zeitpunkt" zu einer "enormen wirtschaftlichen Unsicherheit führen", erklärte Downing Street. Die Regierung in Edinburgh solle sich vielmehr darum bemühen, ihre internen Angelegenheiten "gut zu verwalten".
Das Referendum im Jahr 2014 sei eindeutig gegen die Unabhängigkeit ausgefallen, argumentiert die britische Premierministerin Theresa May. Bei der damaligen Volksabstimmung hatten 55 Prozent der Wähler gegen eine Loslösung Schottlands von Großbritannien gestimmt.
Debatte um Unabhängigkeit lebte durch die Brexit-Abstimmung wieder auf
Die Debatte um Schottlands Unabhängigkeit war nach dem Brexit-Referendum vom vergangenen Juni erneut in Schwung gekommen. Während die Gesamtheit der britischen Wähler mehrheitlich für den Austritt Großbritanniens aus der EU stimmte, votierten in Schottland 62 Prozent der Wähler für den Verbleib. Befürworter einer schottischen Unabhängigkeit von Großbritannien, nehmen dies zum Anlass, ein zweites Referendum zu fordern.
Ob die schottische Bevölkerung dies wünscht, ist unklar. Einer jüngsten Umfrage zufolge gewinnt das Unabhängigkeitslager immer mehr an Stimmen, berichet The Herald. Andere Befragungen hingegen deuten darauf hin, dass eine Mehrheit der Schotten gegen ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum ist und im Fall einer Abstimmung erneut für einen Verbleib im Königreich stimmen würde. Die Furcht vor dem Brexit könnte geringer sein als die vor einem Austritt aus dem Königreich.
Britisches Parlament berät über Brexit-Gesetz
Der Vorstoß Sturgeons kommt nur Stunden bevor das britische Parlament erneut über das Brexit-Gesetz berät. Die Regierung hat angekündigt, Änderungen des Oberhauses an dem Gesetzentwurf im Unterhaus wieder rückgängig zu machen. Es wurde erwartet, dass das Gesetz noch am Montagabend verabschiedet wird. Premierministerin Theresa May könnte damit bereits am Dienstag den Austritt aus der EU offiziell beantragen. Von da an tickt die Uhr. Zwei Jahre später müssen gemäß dem Vertrag von Lissabon die Austrittsgespräche mit der EU beendet sein.