Katalonien-Konflikt:Puigdemont kommt unter Auflagen frei

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Carles Puigdemont kommt aus deutscher Auslieferungshaft frei, muss sich aber an Auflagen halten und eine Kaution bezahlen. (Foto: dpa)
  • Der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont kommt aus deutscher Abschiebehaft frei - muss sich aber an Auflagen halten.
  • Zudem muss er eine Kaution in Höhe von 75 000 Euro hinterlegen.
  • Das Gericht geht nicht davon aus, dass Puigdemont wegen des Vorwurfs der Rebellion ausgeliefert werden kann, sondern nur wegen Korruption. Damit könnte er in Spanien auch nur deswegen verurteilt werden.

Der frühere katalanische Regierungschef Carles Puigdemont kann unter Auflagen aus der Auslieferungshaft in Deutschland freigelassen werden. Nötig sei dafür die Zahlung einer Kaution in Höhe von 75 000 Euro, entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht.

In einer Mitteilung machte es auch Angaben zu einer möglichen Auslieferung des Separatistenführers nach Spanien. "Der I. Strafsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat heute auf Antrag des Generalstaatsanwalts gegen Carles Puigdemont Auslieferungshaft und gleichzeitig Haftverschonung unter Auflagen angeordnet", heißt es darin.

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Neben Jordi Turull sind vier weitere Separatisten festgenommen worden. Wegen Rebellion müssen 13 Politiker wie unter anderem Ex-Vizepremier Oriol Junqueras vor Gericht.

Von Thomas Urban

Eine der Auflagen ist einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung zufolge, dass der Politiker Deutschland nicht ohne Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft verlassen darf. Außerdem müsse er sich regelmäßig einmal pro Woche bei der Polizei in Neumünster melden. Auch einen Wechsel seines Aufenthaltsortes innerhalb Deutschlands müsse Puigdemont unverzüglich bekannt geben.

Puigdemont werde voraussichtlich nicht wegen Rebellion ausgeliefert, ein Vorwurf, den die spanische Regierung gegen den katalanischen Separatistenführer erhebt, hieß es vom Gericht. "Der I. Strafsenat ist der Auffassung, dass sich hinsichtlich des Vorwurfs der "Rebellion" die Auslieferung als von vornherein unzulässig erweist." Als Begründung hieß es, dass das Puigdemont in Spanien zur Last gelegte Verhalten in Deutschland nicht strafbar wäre. In einem solchen Fall ist eine Auslieferung unzulässig. Der vergleichbare deutsche Straftatbestand des Hochverrats sei "nicht erfüllt, weil es an dem Merkmal der 'Gewalt'" fehle, erklärte das Gericht zur Begründung.

Anders sei der Fall beim Vorwurf der Korruption in Form der Untreue gelagert. Dieser Auslieferungsgrund erweise sich nicht "als von vorneherein unzulässig". Nach Ansicht der Richter kann der Politiker aber unter Auflagen freikommen, weil der Vorwurf der Untreue nicht so schwer wiegt.

Eine Verurteilung Puigdemonts wegen "Rebellion" wird unwahrscheinlicher

Dieser Aspekt könnte sich als bedeutend herausstellen, da Puigdemont nach europäischem Recht nach einer möglichen Auslieferung an Spanien dort nur wegen der Gründe angeklagt werden könnte, wegen denen er auch ausgeliefert wurde. Dann könnte er dort nicht mehr wegen Rebellion verurteilt werden. Auf Rebellion stehen in Spanien bis zu 30 Jahre Gefängnis.

Spanien respektiert einer Regierungssprecherin zufolge die Entscheidung. Die spanische Justiz werde angemessen darauf reagieren und sicherstellen, dass spanischem Recht Geltung verschafft werde, sagte sie.

Puigdemonts Unterstützer begrüßten die Entscheidung des Gerichts. "In Deutschland gibt es Gerechtigkeit", schrieb Josep Costa, der erste Vizepräsident des katalanischen Parlaments, auf Twitter. Er dankte den Menschen, die geholfen hatten, das Geld für die Kaution zusammenzubekommen.

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Auch Puigdemonts Anwälte äußerten sich positiv. "Wir freuen uns sehr für unseren Mandanten", hieß es von ihnen. Sie begrüßten auch, dass der von Spanien erhobene "unerhörte Vorwurf" der Rebellion nun aus der Welt sei. Eine Justizmitarbeiterin der JVA in Neumünster, in der Puigdemont sich befindet, sagte, er komme frühestens Freitagmorgen frei.

Ob er am Ende tatsächlich von Deutschland an Spanien ausgeliefert wird, muss nun die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig-Holstein entscheiden. Allerdings kann der Katalane gegen eine mögliche Auslieferungsentscheidung dann Beschwerde einreichen. Das Oberlandesgericht signalisierte auch, dass beim Vorwurf der Untreue "noch weitere tatsächliche Umstände zu klären und weitere Informationen einzuholen" seien. Anhaltspunkte dafür, dass Puigdemont der Gefahr einer "politischen Verfolgung" in Spanien ausgesetzt wäre, sah das Gericht nicht.

Puigdemont ist der führende Kopf der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien. Im Herbst 2017 war seine Regierung wegen separatistischer Bestrebungen des Amtes enthoben worden. Die spanischen Behörden legen ihm zur Last, für das illegale Unabhängigkeitsreferendum mehr als eineinhalb Millionen Euro veruntreut haben. Die Versuche, Katalonien von Spanien abzuspalten, werden als Rebellion eingestuft. Puigdemont flüchtete daraufhin nach Belgien, um der Strafverfolgung durch die spanische Justiz zu entgehen. Ende März wurde er auf der Durchreise von Finnland nach Belgien in Norddeutschland festgenommen.

© SZ.de/dpa/AFP/Reuters/jael - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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