Die Delegierten beim Parteitag in Cleveland haben Donald Trump erwartungsgemäß mit großer Mehrheit zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt. Um 19:11 Uhr Ortszeit erreichte der Unternehmer in der offiziellen Stimmzählung der Bundesstaaten unter großem Jubel die notwendigen 1237 Delegierten.
Durch eine Änderung der Zähl-Reihenfolge konnte die Delegation von Trumps Heimatstaat New York, genauer gesagt ihr Sprecher Donald Trump Jr. (der Sohn des Kandidaten), die entscheidenden Stimmen verkünden. Insgesamt erhielt Trump 1775 Delegierte, die 774 Gegenstimmen sind jedoch die meisten in der Geschichte republikanischer Kandidaten. Dass beispielsweise Ohios Gouverneur John Kasich weigerte, die Delegierten seines Heimatstaats für Trump stimmen zu lassen, spiegelt den zerrissenen Zustand der Partei wieder.
Trump hat sich zuvor in einem rücksichtslos geführten parteiinternen Wahlkampf an die Spitze geboxt. Er wird nun im November voraussichtlich gegen die Demokratin Hillary Clinton antreten, die in der kommenden Woche auf einem Parteitag der Demokraten offiziell zur Spitzenkandidatin gewählt werden soll.
In der republikanischen Partei gab und gibt es immer noch starke Vorbehalte gegen Trump. Einige seiner Gegner halten sich von dem Parteitag in Cleveland fern, darunter republikanische Größen wie die Bush-Familie.
Auch etliche respektierte republikanische Senatoren bleiben (nach eigenen Angaben) lieber daheim um zu angeln oder den Rasen zu mähen. Mit ihrem Präsidentschaftskandidaten wollen sie nicht gesehen werden. Die #NeverTrump-Bewegung versuchte eine Änderung der Abstimmungsregeln zu erwirken, um Trump in letzter Minute zu verhindern. Ohne Erfolg.
Trump polarisiert insbesondere durch seine scharfe Rhethorik. Im Vorwahlkampf hatte er seine Gegner Marco Rubio und Ted Cruz als Schulbuben und Lügner lächerlich gemacht, als "Little Marco" und "Lyin' Ted"; Clinton nennt er stets nur "Crooked Hillary", übersetzt etwa: die kriminelle Hillary. Er hat damit das Niveau der politischen Auseinandersetzung in den USA, die seit Jahren immer giftiger und unversöhnlicher wird, auf ein neues Tief abgesenkt.
Nicht nur in seiner Partei, auch in der Gesellschaft hat Trump Streit und Spaltung gesät. Millionen legale und illegale Einwanderer aus Lateinamerika bezeichnete er pauschal als Kriminelle und Vergewaltiger, die er abschieben werde.
Als Reaktion auf islamistisch motivierte Attentate kündigte er an, Muslimen die Einreise in die USA zu verbieten - eine Idee, die Trumps Vizekandidat Mike Pence, der konservative Gouverneur von Indiana, als illegal und unsinnig bezeichnete.
Auch die jüngsten Gewalttaten zwischen Weißen und Schwarzen hat Trump vor allem genutzt, um Clinton und Präsident Barack Obama Führungsschwäche vorzuwerfen, implizit die Angst der Weißen vor schwarzen Kriminellen zu schüren und sich selbst als der Kandidat für Ordnung und Sicherheit darzustellen.
In keiner seiner Reden hat Trump bisher erklärt, wie - oder überhaupt dass - er die tiefen Gräben in den USA zwischen Armen und Reichen, Weißen und Minderheiten, Rechten und Linken zuschütten will.
Trump sticht damit sogar von einem so umstrittenen Republikaner wie George W. Bush ab, der in seinen Wahlkämpfen zumindest den Anspruch formulierte, Präsident aller Amerikaner sein zu wollen. Von Obamas ständigen Appellen an die Gesellschaft zu Versöhnung und Zusammenhalt ist Trump meilenweit entfernt.