Ehud Olmert:Erste-Klasse-Flüge ins Abseits

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Ehud Olmerts Tage als Regierungschef sind gezählt: Stets soll er seinen Vorteil gesucht haben - nun kämpft er darum, nicht nur als korrupter Politiker in Erinnerung zu bleiben.

Thorsten Schmitz, Tel Aviv

Nach nur zweieinhalb Jahren als Israels Regierungschef sind für Ehud Olmert die Tage im Amt gezählt. Wenn die 70.000 Mitglieder der Kadima-Partei ihre Führung neu gewählt haben, tritt Olmert sofort zurück. So hat er es angekündigt.

Gegen ihn laufen sechs Ermittlungsverfahren: Israels Regierungschef Ehud Olmert (Foto: Foto: dpa)

Olmert hatte stets das Amt des Premierministers angestrebt. Die Erkrankung seines Vorgängers Ariel Scharon indes, der seit Januar 2006 im Koma liegt, hatte ihn vorzeitig an die Regierungsspitze katapultiert.

Das abrupte Ende seiner Karriere hat Olmert nun seiner Vorliebe für Luxusreisen, teure Zigarren und Uhren zuzuschreiben. Gegen ihn wird in insgesamt sechs Fällen wegen Korruption und Amtsmissbrauchs ermittelt.

Anklage erheben

Es ist das erste Mal in der Geschichte Israels, dass gegen einen Premierminister gleichzeitig sechs Ermittlungsverfahren laufen. Die Polizei empfahl Generalstaatsanwalt Menachem Masus, in mindestens zwei Fällen Anklage gegen Olmert zu erheben.

Der Jurist Olmert könnte also im Gefängnis landen. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, in seiner Zeit als Finanzminister Freunde bei der Privatisierung der Bank Leumi bevorzugt sowie als Handelsminister Bekannte in der Regierungsbehörde für Geschäftsneugründungen mit einflussreichen Posten versorgt zu haben. Darüber hinaus soll Olmert sein Wohnhaus in Jerusalem unterhalb des Marktwertes gekauft und im Gegenzug dessen Eigentümer, einen Bauunternehmer, mit lukrativen Aufträgen versorgt haben.

Urlaubsreisen für die Familie finanziert

Schlagzeilen machten jüngere Korruptionsvorwürfe. Demnach soll Olmert von einem US-Millionär Spenden in Höhe von bis zu 150.000 Dollar erhalten haben, um damit Wahlkampfkosten zu begleichen, was nach israelischem Recht illegal ist. Der Millionär bezahlte auch Erste-Klasse-Flüge und teure Zigarren.

Für große Empörung sorgte Skandal Nummer sechs: Olmert soll jahrelang Wohltätigkeitsorganisationen, wie auch die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem, mehrfach für dieselben Reisen um Kostenrückerstattung gebeten haben. So soll Olmert rund 100.000 US-Dollar angehäuft und mit diesem Geld Urlaubsreisen seiner Familie finanziert haben.

Olmert könnte trotzdem noch länger im Amt bleiben. Wenn es Tzipi Livni nicht gelingt, innerhalb von sechs Wochen eine neue Regierung zu formieren, würde Olmert bis zu vorgezogenen Wahlen im Frühjahr noch geschäftsführend im Amt bleiben. Olmert spekuliert offenbar darauf. In den vergangenen Tagen hat er sich auffallend oft über die Friedensverhandlungen geäußert. Israelische Medien werteten dies als Beleg dafür, dass Olmert in seinen letzten Tagen im Amt noch einmal Geschichte machen und nicht nur als korrupter Politiker in Erinnerung behalten werden möchte.

© SZ vom 17.09.2008/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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