Süddeutsche Zeitung

Ehrung:"Time" kürt Merkel zur Person des Jahres

Das US-amerikanische Magazin würdigt die Politik der Kanzlerin, etwa in der Flüchtlingskrise. Der drittplatzierte Donald Trump reagiert trotzig.

Das US-amerikanische Time-Magazin hat Angela Merkel zur "Person des Jahres" ernannt.

Das Time-Cover zeigt ein Ölgemälde der Bundeskanzlerin, das der irische Künstler Colin Davidson gemalt hat.

In all den Krisen des vergangenen Jahres habe die Kanzlerin gegen alle Widerstände ihre Position verteidigt, begründet das Magazin seine Entscheidung (hier nachzulesen): in der Schuldenkrise in Griechenland und der damit verbundenen Krise der Euro-Zone, im Ukraine-Krieg, in der Flüchtlingsfrage oder ihren Reaktionen auf die Terroranschläge in Paris - stets habe Merkel allen reflexhaften Reaktionen, Mauern zu bauen und anderen zu misstrauen, andere Werte entgegengesetzt: "Menschlichkeit, Großzügigkeit, Toleranz."

Von der früher so zurückgenommenen Kanzlerin, der nachgesagt wurde, kein Charisma zu haben, die stets vorsichtig eine "Politik der kleinen Schritte" verfolgt habe, habe sich Merkel zu einer Führungspersönlichkeit gewandelt, die selbst gegen massive Widerstände ihre Position behauptete.

In einem Moment, in dem große Teile der Welt eine hitzige Debatte über die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit führten, verlange die Kanzlerin viel von der deutschen Bevölkerung und, durch deren Beispiel, auch vom Rest der Welt. "Offen für andere zu bleiben. Unerschrocken zu sein. Daran zu glauben, dass große Zivilisationen Brücken bauen und nicht Wände und dass Kriege sowohl auf wie außerhalb des Schlachtfelds gewonnen werden", heißt es weiter. Merkel habe Flüchtlinge eher als Opfer gesehen, die Hilfe brauchen, denn als Invasoren, die man abwehren muss.

"Die Pastorentochter setzte Barmherzigkeit wie eine Waffe ein", schreibt das US-Magazin. Man könne mit Merkel einer Meinung sein oder nicht, doch nehme sie jedenfalls nicht den leichten Weg. Erst wenn die Bevölkerung nicht folgen wolle, würden Führer wirklich gefordert. "Dafür, dass sie mehr von ihrem Land gefordert hat, als sich die meisten Politiker trauen, dass sie standhaft gegen Tyrannei und Berechnung geblieben ist, und dass sie unerschütterlich moralische Führung geboten hat in einer Welt, in der dies ein knappes Gut ist, ist Angela Merkel die Person des Jahres von Time", schreibt das Magazin.

Nicht immer ist die Auszeichnung zur Person des Jahres aber eine positive Würdigung - im Fokus stehen allgemein mächtige Menschen - solche, die im zu Ende gehenden Jahr viel verändert haben. Dies zeigen auch die weiteren Platzierungen: Auf dem zweiten Rang landete der als Chef der Terrororganisation "Islamischer Staat" geltende Abu Bakr al-Baghdadi, auf Platz drei der islamophobe US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump. Der reagierte prompt trotzig auf Merkels Auszeichnung:

In den Jahren zuvor war die Auszeichnung aber meist positiv besetzt. 2014 ging sie an Ebola-Helfer, davor an Papst Franziskus (2013) und Präsident Barack Obama (2012). Zum ersten Mal ernannte Time im Jahr 1927 eine Person des Jahres - den berühmten US-Piloten Charles Lindbergh.

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