Süddeutsche Zeitung

Ehemaliger SPD-Chef in Brasilien:Schulz besucht Ex-Präsident Lula im Gefängnis

  • Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat den Ex-Präsidenten Brasiliens, Luiz Inácio Lula da Silva, im Gefängnis getroffen.
  • Schulz sprach dem Präsidentschaftskandidaten der Arbeiterpartei PT seine Unterstützung aus.
  • Offen ist, ob Lula bis zur Wahl im Oktober freikommt.

Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat überraschend den inhaftierten Ex-Präsidenten Brasiliens, Luiz Inácio Lula da Silva, im Gefängnis getroffen und ihm seine Unterstützung ausgeprochen. "Keine Macht der Welt kann mich daran hindern, zu einem Mann, den ich seit vielen Jahren kenne und dem ich vertraue, zu sagen: Ich glaube dir", sagte Schulz am Donnerstagabend vor dem Gefängnis im südbrasilianischen Curitiba über den in Umfragen für die Präsidentschaftswahl führenden Lula. Brasilien stehe am Scheideweg.

Lula sitzt wegen Vorwürfen der Korruption und Geldwäsche seit April im Gefängnis. Er bestreitet die Anschuldigungen und erklärt seine Verurteilung für politisch motiviert. Schulz sagte, die Verfahren gegen Lula "werfen weltweit Fragen auf". Lula stehe für dieselben Werte wie er selbst. Die SPD hat seit Langem enge Kontakte zur linken Arbeiterpartei Lulas (PT). Sie will mit verstärktem internationalem Druck erreichen, dass Lula bis zur Wahl am 7. Oktober freikommt und doch noch erneut Präsident werden kann.

Auch die ehemaligen Präsidenten Uruguays, José Mujica, und Kolumbiens, Ernesto Samper, haben Lula bereits im Gefängnis besucht. Der langjährige brasilianische Außenminister, Celso Amorim, sagte: "Brasilien ist das einzige Land in der Welt, wo ein Gefängnis in einer Provinzhauptstadt mehr international hochrangige Besucher sieht als der Präsidentenpalast."

Brasilien drohen ein Rechtsruck und Abschottung

Organisiert wurde die Reise von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Das Bundesverfassungsgericht hatte politischen Stiftungen im Ausland in einem Urteil von 1986 für Wahlkampfzeiten zwar ein Distanzgebot auferlegt, Schulz betonte jedoch, er mache ja keine Wahlkampfauftritte für die PT: "Das ist eine Reise, die ich für die SPD mache", sagte der ehemalige SPD-Spitzenkandidat.

Schulz sagte weiter, er hoffe, dass die Arbeiterpartei gewinne und Brasilien wieder einen stärkeren multilateralen Kurs einschlage. Die Alternative könnten ein Rechtsruck und Abschottung sein. Zweitplatzierter in den Umfragen ist der Rechtspopulist Jair Bolsonaro, der als "Donald Trump Brasiliens" bezeichnet wird.

Vor einigen Jahren galt Brasilien, die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas, noch als aufstrebende Regionalmacht. Heute steckt das Land in der Krise. In Rio de Janeiro, der Olympiastadt von 2016, eskaliert die Gewalt. Laut einer Umfrage sind nach vielen Korruptionsskandalen nur noch 13 Prozent mit der Demokratie zufrieden. Viele Bürger fordern im fünftgrößten Land der Welt eine stärkere Rolle des Militärs.

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