Süddeutsche Zeitung

Ehemaliger NPD-Politiker irritiert im Internet:Paul Panther im "Facebook-Untergrund"

Lange bevor die Zwickauer Neonazi-Zelle enttarnt wurde, firmierte ein ehemaliger Politiker der rechtsextremen NPD bei Facebook als "Paul Panther". Purer Zufall sei das, sagt der Mann, der aus Zwickau kommt. Seine ehemaligen Parteikameraden sind nicht gut auf ihn zu sprechen.

Kathrin Haimerl

Der pinke Panther ist bislang nicht gerade als Kultfigur in der rechtsextremen Szene aufgetreten. Die Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), der es jahrelang gelungen sein soll, unentdeckt aus dem Untergrund heraus zu agieren, wählte aber ausgerechnet Paulchen Panther, um sich in ihrem bizarren Bekenner-Video der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Der Fall ist reich an Ungereimtheiten. Jetzt hat er eine mehr: Der ehemalige NPD-Abgeordnete Peter Klose trat Anfang Oktober - also noch bevor die Bekenner-DVD der Zwickauer Terrorgruppe öffentlich bekannt wurde - auf Facebook als "Paul Panther" mit entsprechendem Profilbild auf. Klose kommt aus Zwickau und saß von 2006 bis 2009 für die NPD im sächsischen Landtag.

Purer Zufall? Ja, sagte Klose im Gespräch mit sueddeutsche.de. Weitere Angaben wolle er dazu nicht machen. Seit das Bekenner-Video bekannt ist, firmiert Klose auf Facebook unter seinem Klarnamen.

In seiner Freundesliste findet sich aber immer noch ein "Paul Panther". Wer sich dahinter verbirgt, will Klose nicht sagen. Gut möglich, dass der 58-Jährige, dem ein Sprecher der rechtsextremen NPD in Sachsen einen Drang zur "Selbstinszenierung" bescheinigt, einfach nur Gefallen an der Provokation gefunden hat.

"Persönliche und politische Zerwürfnisse"

Bei der NPD hat sich Klose mit seinem Erscheinungsbild auf Facebook wenig Freunde gemacht. Die Partei, die der neue Vorsitzende Holger Apfel zumindest dem Anschein nach auf einen moderateren Kurs bringen will, hat sich öffentlich von der Zwickauer Terrorzelle distanziert. Die Mordserie gehe nicht auf das Konto von Nationalisten, sondern sei Ausfluss "geistig verdorbener Verbrecher", verkündete NPD-Bundespressesprecher Frank Franz.

Bei der sächsischen NPD-Landtagsfraktion ist man nicht gut auf Klose zu sprechen. Nach Angaben von Jürgen Gansel, Pressesprecher der Fraktion, trat Klose im April 2011 aus der Partei aus. Gansel zufolge kam der Panther-Liebhaber damit einem Ausschlussverfahren zuvor. Es habe "persönliche und politische Zerwürfnisse" gegeben, sagte Gansel sueddeutsche.de. Klose habe Kritik an der Fraktion geübt. Der nach außen hin moderate Apfel sei Klose zu bürgerlich gewesen.

Klose selbst macht hingegen aus seiner braunen Gesinnung keinen Hehl: Zum Geburtstag Adolf Hitlers hängte er die schwarz-weiß-rote Fahne aus seinem Wohnzimmerfenster. "Das war eine Unüberlegtheit und politische Dummheit, die nicht hätte sein müssen", sagt Gansel.

Auch Kloses NPD-Austritt datiert auf den 20. April. In einer letzten Meldung habe er seinem "Freund" Adolf Hitler zum Geburtstag gratuliert, schreibt das Portal Endstation Rechts.

Klose ist vorbestraft wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Seine offene NS-Verherrlichung dürfte Holger Apfel überhaupt nicht gefallen haben, will dieser doch die Partei moderner präsentieren und auf NS-Nostalgie verzichten, was freilich nichts an den radikalen Inhalten ändert. Auch pflegt Apfels sächsischer Landesverband gute Kontakte in die militante Szene.

Die Vorstellung, dass der ehemalige NPD-Mann Klose Verbindungen zu den Zwickauer Neonazis gehabt oder von der Existenz des Bekenner-Videos gewusst haben könnte, findet Gansel allerdings abwegig. Was den "intellektuellen Zuschnitt" betrifft, komme Klose nicht als Kontaktperson für die Rechtsterroristen in Frage, ließ Gansel im Gespräch mit sueddeutsche.de durchblicken. In Kloses örtlichem Zwickauer Umfeld teilt man diese Einschätzung.

Klose selbst schloss im Gespräch mit dem Spiegel nicht aus, dass er in Zwickau den Terrorverdächtigen auf NPD-Veranstaltungen über den Weg gelaufen sein könnte. Jens Paßlack, der als Mitarbeiter des gemeinnützigen Vereins Kulturbüro Sachsen auf Rechtsextremismus spezialisiert ist, bestätigt dies. Die mutmaßlichen NSU-Mitglieder seien vor ihrem Abtauchen in der Szene aktiv gewesen.

"Paulchen Panther ist Zufall"

Inzwischen will Peter Klose zu seinem Auftritt als Paul Panther auf Facebook keine weiteren Auskünfte mehr erteilen. Die Anfrage von sueddeutsche.de verwies er an seinen "guten Kameraden und Vertrauten", Heiko Richter. Der ist Lokaljournalist und betreibt in Zwickau einen örtlichen Medienservice, der die ersten Bilder des zerstörten Doppelhauses im Zwickauer Stadtteil Weißenborn geliefert hat, in dem die mutmaßlichen Mörder einst gewohnt hatten.

Weil man sich in Zwickau bisweilen über den Weg laufe und sich gegenseitig kenne, halte er seine "schützende Hand" über Klose, erklärt Richter im Gespräch mit sueddeutsche.de, und betont: "Paulchen Panther ist Zufall. Er kannte die Terrortruppe nicht."

Bei Facebook ist Klose weiterhin sehr aktiv. Mit etwas eigenwilliger Grammatik verkündete er in einer Statusmeldung: "hei kameraden sollte ich mal nicht erreichbar sein ich bin im facebookuntergrund hi hi hi"

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1192074
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/mikö
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.