Süddeutsche Zeitung

Ehemalige US-Präsidenten:Bush und Obama kritisieren Trump in "nie dagewesener" Form

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Von Jana Anzlinger

Nein, es geht nicht um Lord Voldemort. Aber die Art, auf die sich zwei ehemalige US-Präsidenten geäußert haben, klingt stark nach dem "Du-weißt-schon-wer", mit dem Zauberer in Harry Potter den Namen des Oberbösen ersetzen. George W. Bush und Barack Obama haben Donald Trump überraschend scharf kritisiert, ohne seinen Namen in den Mund zu nehmen.

"Mobbing und Vorurteile im öffentlichen Leben legen den Tonfall in der ganzen Nation fest und bieten eine Erlaubnis für Bosheit und Engstirnigkeit", sagte Bush bei einer Rede in New York auf einer Veranstaltung des nach ihm benannten George-W.-Bush-Instituts. Er warnte vor dem neuen Isolationismus, der die Stellung der USA im internationalen System gefährde.

"Unsere Politik scheint anfälliger für Verschwörungstheorien und offensichtliche Lügen zu sein", sagte der Ex-Präsident aus Texas. Er ließ keinen Zweifel daran, wem er die Schuld an diesen Entwicklungen gibt: Nicht die Demokratie selbst habe versagt, sondern diejenigen, "die dafür verantwortlich sind, die Demokratie zu erhalten und zu beschützen".

Außerdem sprach Bush sich gegen Trumps Pläne aus, die Einwanderungspolitik des Landes zu verschärfen. "Wir haben vergessen, welche Dynamik die Immigration immer nach Amerika gebracht hat." Bush betonte, dass Menschen jeder Hautfarbe oder Religion Amerikaner sein könnten - nationale Identität sei keine Frage von "Blut und Boden".

Die Formulierung "blood and soil" hatte Senator John McCain vor wenigen Tagen benutzt. "Ideale, nicht Blut und Boden" definierten die Identität des Landes, sagte der Republikaner, als er am Montag einen Preis überreicht bekam. Seine Anmerkungen gelten als Kritik an Trumps Unterstützung der rassistischen "White Supremacists", obwohl auch McCain den Namen des Präsidenten nicht in den Mund nahm.

"Es ist das 21. Jahrhundert, nicht das 19. Jahrhundert"

Bush hatte in den vergangenen Monaten schon auf Trump geschimpft. Nach dessen Amtseinführung soll er die Antrittsrede als "verrückten Scheiß", bezeichnet haben, wie unter anderem Hillary Clinton in ihrem Buch schreibt. Bush hat das Zitat ausdrücklich nicht dementiert.

Trotzdem ist die Kritik des Republikaners bemerkenswert. Er hatte sich eher aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und seit dem Ende seiner Amtszeit 2009 kaum zu aktueller Politik geäußert. Seinen Nachfolger Obama hat er kein einziges Mal öffentlich kritisiert. Der hatte am Ende seiner Amtszeit angekündigt, auch er werde den Stil seines Nachfolgers nicht öffentlich anzweifeln - es sei denn, er sehe die "Grundwerte" der Nation in Gefahr.

Dieser Fall ist nun offenbar eingetreten: Nur wenige Stunden nach Bushs Rede äußerte sich Obama zur aktuellen Politik, die er als spalterisch verurteilte. Obama sprach in New Jersey beim Wahlkampfauftritt eines demokratischen Politikers, der Gouverneur werden will. Auch Obama hütete sich davor, den Namen des Präsidenten zu sagen, und formulierte seine Kritik etwas milder - aber inhaltlich ähnlich wie sein Vorgänger. "Es ist das 21. Jahrhundert, nicht das 19. Jahrhundert. Komm schon!", sagte Obama.

Dass ein US-Präsident, der schon lange aus dem Amt ist, einen Nachfolger derart hart angeht, ist mehr als ungewöhnlich. Die US-Leitmedien Washington Post und New York Times zitieren gleich mehrere Wissenschaftler, die das Verhalten der beiden Ex-Präsidenten als "noch nie dagewesen" bezeichneten.

Donald Trump hat beide Vorgänger schon zu verschiedenen Anlässen als schlechteste Präsidenten aller Zeiten beschimpft. Vor wenigen Tagen stellte er die falsche Behauptung auf, sie hätten den Familien gefallener US-Soldaten nie kondoliert. Trump war wegen seines unangemessenen Verhaltens gegenüber solchen Familien zuletzt in die Kritik geraten.

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