Süddeutsche Zeitung

Ehegattensplitting:Alleinverdiener bevorzugt

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Das Ehegattensplitting nutzt Familien, in denen nur Papa arbeitet.

Felix Berth

Wie funktioniert es?

Die beiden Ehepartner werden vom Staat wie ein Steuerpflichtiger behandelt. Ihre Einkommen werden addiert, die entstehende Summe wird durch zwei geteilt. Dieser fiktive, "gesplittete" Betrag muss zweimal versteuert werden.

Wie viel kostet es den Staat?

Nach einer Rechnung des DIW entgingen dem Staat im Jahr 2003 etwa 22,1Milliarden Euro Steuereinnahmen, etwa 11 Prozent des Einkommensteuer-Aufkommens.

Wer profitiert?

Wenn ein Ehepartner viel und der andere nichts verdient, entstehen die höchsten Vorteile, weil die Progression des deutschen Steuertarifs am stärksten reduziert wird. Laut Berechnung des Bundesfinanzministeriums (BMF) lag der maximal mögliche Spareffekt des Ehegattensplittings im Jahr 2005 bei 7914 Euro, wenn ein Alleinverdiener mehr als 104304 Euro zu versteuernde Einkünfte hatte. Zwei Drittel der 22,1Milliarden, die dem Staat 2003 entgingen, kamen Ehepaaren mit (meist männlichem) Alleinverdiener zugute.

Wer profitiert wenig?

Wenn beide Ehepartner verdienen, schrumpft der Effekt extrem schnell. Ein Ehepaar mit Jahreseinkommen von 50.000 Euro und einem Verdienstverhältnis von 60:40 hat laut BMF einen Vorteil von 100 Euro im Jahr. Verdienen beide Ehepartner gleich viel, ist der Effekt null. In den neuen Bundesländern, in denen das Alleinverdiener-Modell kaum existiert, profitiert fast niemand vom Ehegattensplitting.

Was haben Familien davon?

Kinder eines Ehepaares werden vom Ehegattensplitting nicht berücksichtigt. Trotzdem gehen etwa 90 Prozent der 22,1 Milliarden an Familien mit Kindern. Allerdings, so das BMF, sind bei einem Drittel von ihnen die Kinder bereits aus dem Haus. Dass Paare ohne Kinder wenig profitieren, liegt daran, dass das Alleinverdienermodell bei ihnen selten ist.

Welche europäischen Länder folgen diesem Modell?

Nur Deutschland.

Wer befürwortet das Ehegattensplitting?

CSU, Teile der CDU und konservative kirchliche Familienverbände.

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Quelle:
SZ vom 19.6.2006
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