Ehe für alle:Scheinheilige SPD

Die Sozialdemokraten entdecken für den Wahlkampf ein Thema.

Von Constanze von Bullion

Zum Ende der Legislaturperiode hat die SPD in der Themenkiste gewühlt. Und siehe da: Ganz unten beim längst vergessenen Kram ist sie auf die "Ehe für alle" gestoßen. Die Sozialdemokraten wollen jetzt im Koalitionsausschuss gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Paare erkämpfen. Klingt gut. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum Lesben und Schwule nicht heiraten und Kinder adoptieren dürfen. Das Kindeswohl gerät so wenig in Gefahr wie das Abendland, das weiß auch die Union.

Herauskommen wird im Koalitionsausschuss natürlich trotzdem nichts, jedenfalls nichts für die Gleichstellung Homosexueller. Zum einen schießt die Union erwartbar quer, aus ideologischen Gründen. Zum anderen kommt der Vorstoß der SPD aber auch viel zu spät. Vier Jahre lang haben sich die regierenden Sozialdemokraten um die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare nicht geschert. Ihre nachgereichte Empörung ist nur dem Wahlkampf geschuldet und an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten.

Die Grünen aber müssen sich fragen, ob sie eigentlich alles, was sie mal ausgezeichnet hat, für gestrig befinden und der Konkurrenz überlassen wollen. Homo-Ehe und Gleichstellung der Frau, das waren einst urgrüne Erbhöfe. Jetzt wirtschaftet hier die SPD. Atomausstieg? Macht die CDU. Krawall? Die AfD. Man kann sich vor lauter Emanzipation von sich selbst auch überflüssig machen. Geht ruck, zuck.

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