Edward Snowdens Arbeitgeber:Wenn niemand zuständig ist

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Durchs Raster gerutscht: Die Debatte, wer für die Einstellung von Edward Snowden verantwortlich ist, reißt nicht ab. (Foto: AFP)

Hätte er den Job bei Booz Allen Hamilton nicht bekommen, wären die Enthüllungen von Edward Snowden so nicht möglich gewesen. Aus Sicht der US-Behörden ist bei seiner Einstellung einiges schiefgelaufen.

In der öffentliche Wahrnehmung von Edward Snowden gab es von Anfang an bemerkenswerte Diskrepanzen. Verräter oder Whisteblower? Held oder Hassfigur? Wer sind die Guten, wer die Bösen? Die Frage ist eine moralische und die Antwort in erster Linie abhängig von der Haltung desjenigen, der sie gibt - und weniger von Snowdens Verhalten an sich.

Statt die ganz große Schuldfrage zu klären, ist es weitaus leichter, dort anzusetzen, wo - aus Sicht der NSA - das Unheil seinen Lauf nahm. Also bei der Frage, wie Edward Snowden überhaupt an den Job beim Militärnachrichtendienst und später bei dem Geheimdienst-Dienstleister Booz Allen Hamilton gelangen konnte - und bei der Frage, wer dafür verantwortlich war.

Diskutiert wird darüber schon seit Beginn der Affäre, zumal Snowden zu Protokoll gab, sich um seine Jobs bei der NSA und dem Dienstleister Booz Allen mit entsprechenden Hintergedanken beworben zu haben. Jetzt hat einer von Snowdens ehemaligen Chefs der schwelenden Debatte eine neue Volte hinzugefügt: Im Interview mit dem Wall Street Journal betont Mike McConnell, Vizechef bei Booz Allen und selbst früherer NSA-Direktor, man habe Snowden Anfang 2013 nur eingestellt, weil die Regierung ihn schon überprüft habe. Zwar sei der potenzielle neue Mitarbeiter bei der Bewerbung auch noch einmal gecheckt worden, es hätten jedoch Informationen in seiner Akte gefehlt.

Wer ist verantwortlich für Snowdens Einstellung?

Das ist die zentrale Aussage eines Interviews, das ansonsten wenig Neues zum Snowden-Puzzle hinzufügt. Außerdem wiederholte McConnell die Behauptung, Snowden habe sich ins NSA-System gehackt und dort die Fragen zum Einstellungstest geklaut. Auf Basis der Ergebnisse habe ihm die NSA einen Job angeboten, den Snowden aber nicht wollte, sodass er schließlich zu Booz Allen ging.

Wer also ist verantwortlich dafür, dass Snowden Zugang zu den Informationen erhielt, die seit Monaten weltweit für Aufregung sorgen? Booz Allen, die ihn eingestellt hatten und die von Anfang an im Kreuzfeuer der Kritik für diese Personalentscheidung standen? Die NSA, durch deren Raster er zuvor geschlüpft war?

Oder die US Investigations Services LLC (USIS), jenes Unternehmen, das im Dienste der US-Regierung als Meta-Prüfer Sicherheitschecks für US-Behörden vornimmt? Ende Januar klagte das Justizministerium gegen die Firma, weil etwa 40 Prozent der Überprüfungen falsch und zumindest unvollständig gewesen seien. Ingesamt ist USIS für mehr als zwei Millionen Background-Checks verantwortlich - wohl auch für den von Snowden.

Ein Sündenbock im Kleinen

Oder lässt sich alles auf Snowdens Betrug zurückführen? Darauf, dass er sich Booz Allen und der NSA zufolge unerlaubt Zugang zu Fragen und Antworten eines Einstellungstests verschaffte? Das Interview des US-Fernsehsenders CBS Mitte Dezember mit mehreren NSA-Vertretern, die diese Behauptung in die Welt setzten, ist hochumstritten. Es legt in der Art und Weise, wie Snowden und sein Verhalten gezeichnet werden, den Verdacht nahe, den auch die bisherige Debatte und zuletzt die Aussagen von McConnell im Wall Street Journal widerspiegeln: Es braucht einen Sündenbock, wenn nicht im Großen, dann zumindest für diesen Nebenkriegsschauplatz.

Snowden ist dafür aus Sicht der US-Regierung der optimale Kandidat. Im Zweifel, und den ließ das CBS-Interview aufkommen, aber neben dem Whistleblower selbst auch alle anderen potenziell Zuständigen außerhalb des direkten Einflussbereichs der Regierung: Booz Allen zum Beispiel, oder die USIS. Eine Strategie der Schuldzuschieberei, die aber McConnell jetzt einmal mehr offenbart.

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