Süddeutsche Zeitung

Edward Snowden:Gemeinsame Werte?

Asyl in Deutschland zu gewähren, wäre jetzt ein starkes Signal.

Von Jan Heidtmann

Edward Snowden in Deutschland? Bereits am kommenden Donnerstag könnte der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages den Informanten mit Sitz in Moskau einladen. Mit seinem Urteil hat der Bundesgerichtshof dies jetzt möglich gemacht. Gleichzeitig haben die Richter das ängstliche Kalkül der Bundesregierung bloßgestellt.

Bislang hat die schwarz-rote Mehrheit im Ausschuss verhindert, Snowden offiziell als Zeugen nach Berlin vorzuladen. Begründet wurde dies damit, dass ihm die Regierung kein freies Geleit garantieren könne, möglicherweise müsse er an die USA ausgeliefert werden. Dahinter steckt aber vor allem die Sorge, Snowden könne in Deutschland um Asyl bitten. Die Befürchtungen der Regierung sind durchaus nachvollziehbar: Schon eine Aussage Snowdens in Deutschland würde zu einem Eklat mit den USA führen; ein Status als Asylbewerber umso mehr.

Doch die Bundeskanzlerin hat dem gewählten US-Präsidenten Trump eine Zusammenarbeit angeboten - auf der Basis gemeinsamer Werte. Darum scheint es schon jetzt nicht gut bestellt: Während Obama, von den Zwängen der Präsidentschaft bald entbunden, Snowden zugestand, "berechtigte Sorgen angesprochen" zu haben, fordert der mutmaßlich neue CIA-Direktor Mike Pompeo die Todesstrafe für den Whistleblower. Edward Snowden in Deutschland Asyl zu gewähren wäre da ein starkes Signal.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2016
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