Edathy-Untersuchungsausschuss:LKA-Präsident nährt Zweifel an Hartmann

Hartmann - Untersuchungsausschuss

Michael Hartmann im Dezember vor dem Untersuchungsausschuss - er soll bald wieder dort erscheinen.

(Foto: dpa)
  • Der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann gerät in der Causa Edathy weiter unter Druck.
  • Im Untersuchungsausschuss sagt der rheinland-pfälzische LKA-Präsident Hertinger, Hartmann habe ihn mehrfach telefonisch zum Ermittlungsverfahren gegen Kunden des kanadischen Filmhandels Azov befragt.
  • Als die Medien über den Verdacht gegen Edathy berichteten, sei ihm klar geworden, sagt Hertinger, "dass die Anfrage von Hartmann damit im Zusammenhang steht".

Von Kim Björn Becker, Berlin

"Konsterniert" ob Hartmanns Anfrage

Im Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Aufklärung der sogenannten Kinderporno-Affäre des früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy gerät der Sozialdemokrat Michael Hartmann immer stärker unter Druck. Hartmann hat die Darstellung Edathys stets zurückgewiesen, wonach dieser, Hartmann, seinen SPD-Fraktionskollegen Edathy frühzeitig über möglicherweise bevorstehende Ermittlungen informiert habe.

Wolfgang Hertinger, der Präsident des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz, sagte nun, dass Michael Hartmann ihn von Ende Januar 2014 an mehrfach telefonisch um Auskünfte zu dem breit angelegten Ermittlungsverfahren gegen Kunden des kanadischen Filmhandels Azov gebeten hatte. Auch Edathy soll auf der Kundenliste, gestanden habe, mit der sich in Deutschland das BKA und die Landeskriminalämter beschäftigten.

Hertinger sagte, er sei ob Hartmanns Anfrage "konsterniert" gewesen; er habe ihn am Telefon zunächst "hingehalten". Letztlich habe Hertinger sich aber geweigert, dem Sozialdemokraten Informationen über den Fall zu geben - aus Sorge, es würden sonst beide in "Schwierigkeiten" geraten. Dass es bei der Nachfrage um die Causa Edathy gegangen sein könnte, sei Hertinger erst später klar geworden. "Als die Medien kurz darauf über den Fall Edathy berichteten, war ich mir ziemlich sicher, dass die Anfrage von Hartmann damit im Zusammenhang steht", sagte er.

Zwei weitere Zeugen stützen Edathys Version

Zuvor hatten bereits zwei frühere Büroleiter Edathys dessen Version gestützt. In nichtöffentlicher Sitzung bestätigten sie, dass Edathy ihnen frühzeitig - Ende November 2013 - eröffnet habe, dass möglicherweise wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials gegen ihn ermittelt werde.

"Beide Zeugen stützen stark die Darstellung von Sebastian Edathy", sagte Armin Schuster (CDU), Obmann der Unionsfraktion, nach der Befragung der beiden Mitarbeiter. "Edathy befand sich erkennbar in einem emotionalen Ausnahmezustand, er wirkte sichtlich getroffen und emotional sehr angefasst." Es sei für die Zeugen kaum vorstellbar, dass er ihnen in dieser Verfassung eine unzutreffende Geschichte erzählt habe.

Vor diesem Hintergrund erhöhe die Aussage die Glaubwürdigkeit Edathys, sagte Irene Mihalic, Obfrau der Grünen. Für Michael Hartmann indes werde es "immer enger". Hartmann soll in einer Woche erneut von dem Untersuchungsausschuss befragt werden. Seine Aussage wird mit Spannung erwartet.

"Etwas mit Internet"

Johannes Kahrs, Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD-Fraktion, bestätigte, dass Edathys früherer Büroleiter Ende 2013 mit ihm über mögliche "rechtliche Probleme" gesprochen hat, die einer weiteren Karriere vielleicht im Wege stehen. Das Wort Kinderpornografie sei seiner Erinnerung nach nicht gefallen, lediglich von "etwas mit Internet" sei die Rede gewesen, so Kahrs.

"Johannes Kahrs hat eine einzigartig arrogante Vorstellung geliefert", empörte sich Armin Schuster (CDU) nach der Befragung des Sozialdemokraten. Der "Totalgedächtnisverlust" des Abgeordneten stelle eine "Herabsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses" dar. Frank Tempel von der Linkspartei sagte: "Herr Kahrs konnte sich heute eigentlich lediglich daran erinnern, dass Herr Edathy ein 'feiner Kerl' ist, dass Herr Hartmann 'ein feiner Kerl' ist und dass Herr Oppermann 'ein feiner Kerl' ist. Das ist es im Wesentlichen, was uns über zwei Stunden mitgeteilt wurde."

Edathy hatte stets beteuert, dass er auf dem SPD-Parteitag in Leipzig Mitte November 2013 von seinem damaligen SPD-Fraktionskollegen Michael Hartmann erstmals über mögliche Ermittlungen gegen ihn informiert worden sei. Dieser soll seine Informationen Edathy zufolge vom damaligen BKA-Präsidenten Jörg Ziercke erhalten haben. Hartmann und Ziercke weisen die Darstellung zurück.

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