PräsidentenwahlSie will Ecuador den Frieden bringen

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Eloquent und engagiert ist sie: Luisa González.
Eloquent und engagiert ist sie: Luisa González. (Foto: Marcos Pin/AFP)

Luisa González ist 47, links, alleinerziehend – und hat es allein nach oben geschafft. Doch nun hängt es auch von drei Männern ab, ob sie die Stichwahl am Sonntag gewinnt.

Von Christoph Gurk

Sollte Luisa González am Sonntag die Präsidentenwahl in Ecuador gewinnen, dann ist das zunächst einmal natürlich ihre eigene Leistung. 47 Jahre ist sie alt, geboren in Quito, der Hauptstadt, aufgewachsen aber in Canuto, einer Gemeinde auf dem Land. Sie wurde früh Mutter: eine Teenagerin mit einem Baby, das sie allein großzog. Trotzdem aber schaffte es González zu studieren, Jura und BWL, in Ecuador und Spanien.

Eine ehrgeizige Frau, engagiert und eloquent. Über knapp zwei Jahrzehnte hat sich González nach oben gearbeitet in der Politik. Sie hat mehr als ein Dutzend Ämter bekleidet und sich schon einmal für das Präsidentenamt beworben, 2023. Nun steht sie abermals in der Stichwahl, und sollte es diesmal klappen, wäre González zwar nicht das erste weibliche Staatsoberhaupt in der Geschichte ihres Landes, dennoch aber käme ihr Sieg einer mittleren Revolution gleich: eine Frau, links noch dazu, im höchsten Amt eines sonst eher konservativen Landes.

Nur: Ob es so weit kommt, ob González wirklich Erfolg hat bei der Wahl am Sonntag, das hängt auch maßgeblich von drei Männern ab.

Fast jede Stunde ein Mord – dies war der blutigste Januar in der Geschichte des Landes

Der erste ist Daniel Noboa, 37 Jahre alt, Sohn eines steinreichen Bananen-Barons und amtierender Präsident von Ecuador. 2023 gewann Noboa überraschend die damals vorgezogene Wahl: Er hatte versprochen, Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig mit harter Hand gegen Drogenkartelle vorzugehen. Die haben vor ein paar Jahren Ecuador als Durchgangsstation für Kokain entdeckt, und seitdem explodiert in dem einst vergleichsweise friedlichen Land die Mordrate. Leichen baumeln von Brücken, es gibt Massaker und Mordanschläge. Bei der Wahl 2023 wurde sogar ein Präsidentschaftskandidat auf offener Straße erschossen.

Noboa rief den Notstand aus und ließ Soldaten aufmarschieren. Er versprach den Bau neuer Gefängnisse und verschärfte Gesetze. Im Netz präsentierte sich der junge Staatschef gern als handfester Macher, genutzt hat es bisher nur wenig: Der Januar dieses Jahres war der blutigste in der Geschichte des Landes, 731 Tötungsdelikte in 31 Tagen, im Schnitt macht das fast einen Mord pro Stunde. Und auch die Wirtschaft stockt, viele junge Leute haben keine Arbeit.

Luisa González will das ändern. Sie will die Justiz reformieren sowie das Gesundheits- und Bildungssystem ausbauen. „Wir wollen keinen Krieg, wir wollen Frieden“, sagt sie. Ecuador solle wieder das Land werden, was es angeblich einst war, ein Magnet für Touristen ebenso wie für Unternehmen.

Die Indigenen in Ecuador haben sich für sie ausgesprochen

Dabei setzt González auch auf einen Mann: Rafael Correa, Präsident von 2007 bis 2017 und ihr politischer Ziehvater. Für viele waren es goldene Jahre, denn dank der weltweit hohen Rohstoffpreise floss damals viel Geld in die Staatskasse. Correa rief eine „Revolution der Bürger“ aus und investierte in Bildung, Gesundheit und Wohnungsbau. Die Armut sank, gleichzeitig aber stieg das Land auch im Ranking der Pressefreiheit ab. Immer autoritärer wurde der Regierungsstil, die Gesellschaft immer mehr gespalten.

2017, nach dem Ende seiner dritten Amtszeit, ging Correa nach Belgien, in die Heimat seiner Frau. Sein Schatten aber wirkt immer noch nach: In Ecuador wurde der Ex-Präsident 2020 in Abwesenheit wegen Bestechung zu acht Jahren Haft verurteilt. Ein politisches Verfahren, sagt er. Viele Ecuadorianer sind sich da nicht so sicher, und sie glauben, dass Correa zurückkommen könnte, sollte Luisa González, seine politische Ziehtochter, die Wahl gewinnen.

Und so wird die Entscheidung am Sonntag extrem knapp, beide Kandidaten liegen in den meisten Umfragen gleichauf. Spätestens hier ist man dann beim dritten Mann, der an Luisa González’ Erfolg oder Misserfolg teilhaben könnte: Leonidas Iza, Aktivist, Politiker und Indigenen-Führer. Er steht dem einflussreichen Dachverband der Indigenen vor, ebenso wie deren Partei.

Iza hat sich bereits öffentlich an die Seite von González gestellt, was ihr vermutlich Stimmen bei den Indigenen einbringen wird. Ob das reicht, um die Wahl zu gewinnen, das wird sich am Sonntag zeigen.

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