Angriffe auf Politiker:"Wir müssen jetzt ein Stoppsignal für diese Gewalt senden"

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"Ich lasse mich nicht zum Schweigen bringen", sagt Matthias Ecke am Dienstag in Leipzig. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Der SPD-Politiker Matthias Ecke absolviert in Leipzig seinen ersten öffentlichen Auftritt nach dem Angriff auf ihn. Dabei gibt er sich kämpferisch - und kritisiert Markus Söder.

Von Johannes Bauer, Leipzig

Mit einem Lächeln im Gesicht tritt Matthias Ecke durch die Tür. Trotz allem. Erst als er sich unter lang anhaltendem Applaus dem Podium nähert, ist seine Verletzung zu erkennen. Das linke Auge, noch immer rot-blau unterlaufen. Die Schwellung im Gesicht, die noch abklingt. Sie zeugen von dem Angriff in Dresden von vor eineinhalb Wochen, bei dem vier Jugendliche den SPD-Politiker krankenhausreif geschlagen hatten, als er gerade dabei war, Plakate aufzuhängen. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung gibt es bei drei von ihnen Spuren in die rechtsextreme Szene. Ecke musste nach dem Angriff operiert werden. Der Vorfall hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt und war in den Wahlkämpfen für die Europawahl und die Kommunalwahlen doch nur einer von mehreren Angriffen auf Politiker, weitere folgten direkt.

Diesen Montagabend nutzt Ecke nun, um im Leipziger Ariowitsch-Haus seinen ersten öffentlichen Auftritt seit der Tat zu absolvieren. "Das hat mich getroffen, aber nicht umgehauen", sagt der 41-Jährige über den Angriff. In den Tagen danach habe er "enorm viel Anteilnahme" erfahren und Kraft daraus geschöpft. "Ich will das ganz klar sagen: Ich lasse mich nicht zum Schweigen bringen."

Faeser spricht sich für schnelle Strafverfahren und Polizeipräsenz aus

Petra Köpping, die während seines Vortrags hinter Ecke steht, nickt. Köpping ist die Spitzenkandidatin der SPD für die Landtagswahl in Sachsen. Sie hat zu der Veranstaltung "Sag mal, Sachsen" geladen und wird später noch an einer Podiumsdiskussion mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) teilnehmen. Zunächst überlassen die beiden Politikerinnen aber Ecke die Bühne.

Dem SPD-Politiker ist es wichtig, den Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung hinter dem Angriff zu richten. Auf die Verrohung, die "organisierte Enthemmung", für die vor allem die AfD und die Partei "Freie Sachsen" verantwortlich sei. Aber auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bekommt sein Fett weg. Seine Schmähung etwa, die Grünen-Politikerin Steffi Lemke sei eine "grüne Margot Honecker", zeige, dass auch beim Zusammenhalt unter Demokraten etwas "ins Rutschen" geraten sei. Dabei werde dieser gerade in diesem langen Wahljahr umso dringender gebraucht, meint Ecke. "Wir müssen jetzt ein Stoppsignal für diese Gewalt, für diese Eskalation setzen."

Bundesinnenministerin Faeser zollt ihrem Vorredner Respekt dafür, bereits so früh wieder aufzutreten. Das Stoppsignal, von dem Ecke sprach, sieht sie darin, "dass die Strafe auf den Fuß folgt". Auch Strafverfahren gegen jugendliche Täter müssten schnell abgehandelt werden. Den anwesenden SPD-Mitgliedern verspricht Faeser "sichtbare Polizeipräsenz" im Wahlkampf, sie sollten sich nicht einschüchtern lassen. "Wir brauchen Ihr Engagement ganz dringend." Den Feinden der Demokratie stelle man sich gemeinsam.

Dafür braucht es allerdings Vertrauen in die Behörden. Genau das sei zuletzt aber immer wieder enttäuscht worden, sagt Petra Köpping. Sie berichtet von Kommunalpolitikern, die sie getroffen habe und die ihr von Anzeigen nach Angriffen auf sich erzählt hätten, nach denen kaum etwas passiert wäre. "Die schalten keine Anzeige mehr." Köpping hat noch die DDR erlebt. Deshalb wisse sie, "was es wert ist, was wir haben". Das müsse man jetzt verteidigen, sagt sie Richtung Ecke. "Um dir, lieber Matthias, zu sagen: Wir stehen zusammen."

Korrekturhinweis: In einer früheren Fassung des Artikels hieß es, Markus Söder habe Annalena Baerbock als "weibliche Margot Honecker" bezeichnet. Tatsächlich galt der Vergleich aber der Grünen-Politikerin Steffi Lemke, die er "grüne Margot Honecker" nannte. Wir haben die Passage entsprechend korrigiert.

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