DVU vor dem Aus:Rechtsextreme Reste

Der Deutschen Volksunion laufen die Mitglieder weg, die Führung zerlegt sich selbst - und die geplante Fusion mit der NPD wird ungewiss. "Die DVU strebt ihrem Ende zu", befindet der Verfassungsschutz. Die Partei sondiert Alternativen.

Johann Osel

"Es ist Zeit zu gehen." Mit diesen Worten ist Liane Hesselbarth, Chefin der DVU in Brandenburg, kürzlich zurückgetreten. Ein bezeichnender Satz für den Zustand ihrer Partei. Obwohl sie in Brandenburg zwei Legislaturperioden im Parlament saß, tritt sie laut Verfassungsschutz "kaum noch in Erscheinung". Von den noch 150 Mitgliedern sei nur ein Bruchteil aktiv - meist beschränke es sich auf den Bezug rechtsextremer Presse aus dem Verlag von Gerhard Frey, der die DVU 1971 gründetet hat. Und bundesweit sieht es nicht besser aus: DVU-Chef Matthias Faust, der Anfang 2009 Frey nachfolgte, wollte die Partei verjüngen, sie zur gemäßigten NPD-Alternative umbauen - ohne Erfolg. Nun steht die Fusion der Rechtsextremen an.

NPD-Chef Udo Voigt (li.) mit dem DVU-Vorsitzenden Matthias Faust

Längst nicht mehr auf Augenhöhe: NPD-Chef Udo Voigt (li.) mit dem DVU-Vorsitzenden Matthias Faust Anfang Juni auf dem NPD-Bundesparteitag in Bamberg.

(Foto: ddp)

Beim NPD-Parteitag in Bamberg im Juni hatten die beiden Vorsitzenden dies in Aussicht gestellt, man sei sich bei den Gesprächen "nicht vorgekommen wie ein kleines bettelndes Kind", beschwichtigte Faust damals. Mittlerweile liegen die Ergebnisse einer Mitgliederbefragung vor: Bei der NPD sprachen sich nach eigenen Angaben 92 Prozent für die Fusion aus, bei der DVU 91. NPD-Chef Udo Voigt nannte das in einer Videobotschaft an die Mitglieder ein "überwältigendes Votum". Die Vorstände müssten nun "Knochenarbeit" für den Verschmelzungsvertrag leisten, die "neue nationale Front" soll bei den sechs Landtagswahlen 2011 in die Parlamente einziehen.

Mit dem "Deutschlandpakt", der das gleichzeitige Antreten bei Landtagswahlen ausschloss, hatten die beiden schon einmal kooperiert. 2004 in Sachsen hatte die DVU der NPD das Feld überlassen, in Brandenburg umgekehrt. Das Konzept ging auf: Die NPD holte 9,2 Prozent, die DVU schaffte in Brandenburg zum zweiten Mal die Fünf-Prozent-Hürde. Seit dem Bruch des Pakts 2009 dümpelt die DVU bei Wahlen im Minimalbereich, selbst im Ex-Mandatsland Brandenburg. Die NPD hingegen sitzt derzeit in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern im Landtag.

Eine Existenz auf dem Papier

"Der Zeitpunkt für die Fusion ist aus NPD-Sicht gut", sagt der Politologe Fabian Virchow, Leiter der Forschungsstelle Rechtsextremismus an der Fachhochschule Düsseldorf. "Der DVU gibt keiner mehr eine Chance im rechten Spektrum." Während die NPD vor allem im Osten versucht, mit Bürgerbüros bei der Bevölkerung sowie mit Propaganda im Neonazi-Spektrum Fuß zu fassen, existiert die DVU quasi auf dem Papier. Gebeutelt ist sie von internen Querelen samt Gerichtsprozessen, gegen den Pro-NPD-Kurs gibt es Revolten, gegen Faust wurde gar ein Parteiausschlussverfahren angezettelt. Ob es so tatsächlich zur Fusion kommt, bleibt also fraglich.

Weiterer Streitpunkt ist der Name: Diskutiert wird "Die Rechte" als Gegenstück zur Linkspartei, eventuell mit dem Zusatz "Die soziale Heimatpartei". In einem Szene-Forum heißt es: "Der Name ist zeitgemäß und einprägsam, er wirkt unbelasteter als die alten Namen." Viele NPD-Anhänger wollen den Namen jedoch behalten und die DVU schlichtweg einverleiben. In der Mitgliederbefragung sprachen sich laut NPD nur 26 Prozent für eine Namensänderung aus.

Zudem hatte die NPD ihre Mitglieder nach der Fusion befragt - "sofern der NPD daraus keine neuen Schulden entstehen". Als sicher gilt, dass die NPD nicht einwilligt, solange das Finanzdebakel der DVU nicht bereinigt ist. Für die undurchsichtigen Strukturen im ehemaligen Reich Freys wird ein Schuldenstand von knapp einer Million Euro angenommen. Durch die Wahlschlappen blieben staatliche Zuwendungen aus, zuletzt stand gar eine Rückzahlung an. Auch Frey soll angeblich Kapital abziehen.

Mögliche Spaltung zum Schluss

"Die DVU strebt ihrem Ende zu", sagt Artur Hertwig vom Bundesamt für Verfassungsschutz. Eben das sei auch ein Problem für die Fusion: "Innerhalb der NPD besteht nicht der Wille, der DVU auf Augenhöhe zu begegnen." Deshalb liebäugeln westdeutsche Landesverbände offenbar eher mit einem Anschluss an die rechtspopulistische Pro-Bewegung, die hauptsächlich gegen eine angebliche "Islamisierung" poltert und mit ihrem Kölner Ableger fünf Sitze im Stadtrat einnimmt. Die NRW-DVU soll bereits konkret mit Pro verhandeln.

Ein denkbares Szenario wäre, dass sich die Partei spaltet - und im Westen mit Pro fusioniert, nur im Osten mit der NPD. "Ohnehin würden sich wohl die wenigen aktiven DVU-Leute in die neue Partei einbinden, der Rest der DVU wäre dann praktisch tot", sagt Politologe Virchow. "Ich glaube nicht, dass sich dadurch an der Substanz viel ändern würde. Dort, wo die NPD gute Chancen hat, in die Landtage zu kommen, braucht sie nicht die Reste der DVU dazu."

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