Dutzende Zugreisende getötet:Terroranschlag erschüttert Indien

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Bei einem Anschlag auf einen vollbesetzten Zug in Ostindien sterben mindestens 71 Menschen. Maoistische Rebellen weisen die Verantwortung zurück.

Ein Anschlag auf einen Zug im Osten Indiens forderte am Freitag gegen 1:30 Uhr Ortszeit viele Todesopfer: Nach Angaben von Rettungskräften wurden bisher 71 Leichen gefunden. Er sei zu befürchten, dass noch "viel mehr" Todesopfer entdeckt würden. "Ich kann überall Leichenteile sehen, sie hängen aus den Abteilen und liegen unter den Rädern", beschrieb ein Journalist die Szenerie. Weitere 120 Menschen sollen verletzt worden sein.

Maoistischer Anschlag in Indien: Sicherheitskräfte und Rettungsmannschaften versuchen Opfer aus den Waggons zu bergen. (Foto: afp)

Die angeblich für den Anschlag verantwortliche Maoistengruppe hat eine Beteiligung an der Tat zurückgewiesen. "Wir waren in keiner Weise beteiligt. Das ist nicht unsere Tat", sagte der Sprecher der Rebellengruppe Volkskomitee gegen Polizeigewalt (PCPA), Asit Mahato, laut der indischen Nachrichtenagentur PTI.Die Agentur hatte zunächst berichtet, die Gruppe habe sich in einem Anruf in ihrem Büro in Kolkata zu der Tat im Bezirk West Midnapore im Bundesstaat Westbengalen bekannt. Mehrere Stunden später habe der PCPA-Sprecher Mahato angerufen und jede Verantwortung für die Tat zurückgewiesen.

Der mit schlafenden Fahrgästen vollbesetzte Express-Zug war auf dem Weg nach Mumbai, als rund 150 Kilometer südlich von Kalkutta 13 seiner 24 Waggons entgleisten. Kurz darauf fuhr laut der Zeitung Times of India ein entgegenkommender Güterzug auf fünf Waggons auf, die auf ein anderes Gleis gekippt waren. Der Anschlag ereignete sich in einer Hochburg der maoistischen Aufständischen. Vor Ort seien zudem Flugblätter der Rebellen gefunden worden, sagte der Polizeichef von Westbengalen, Bhupinder Singh.

Ursache der Entgleisung weiter unklar

Die indische Eisenbahnministerin Mamata Banerjee sprach davon, dass eine Explosion den Zug zum Entgleisen brachte. Ein Eisenbahnsprecher erklärte, der Fahrer des Zuges habe einen lauten Knall gehört, was auf eine Bombe hindeuten könnte. Die Polizei jedoch geht davon aus, dass die Gleise manipuliert wurden: Eisenstücke, mit denen die Schienen verbunden waren, sollen entfernt worden sein. "Das ist ein klarer Fall von Sabotage", sagte der Polizeichef Singh.

Aus den verkeilten Waggons seien noch immer verzweifelte Hilferufe zu hören, sagt ein Reporter der Zeitung Telegraph India. Die Rettungsmannschaften bemühten sich noch zehn Stunden nach dem Unglück, mit Schneidbrennern eingeklemmte Überlebende aus den Trümmern zu befreien und die Toten zu bergen. "Die Schreie der Kinder und Frauen in den Abteilen sind jetzt verstummt", berichtete ein Lokalreporter Stunden nach dem Anschlag. "Dennoch sind alle bemüht, die Eingeschlossenen zu retten." Verletzte wurden mit Hubschraubern der Luftwaffe in Krankenhäuser geflogen.

Maoistische Rebellen sind in letzter Zeit verstärkt aktiv, nachdem die Regierung eine Offensive gegen sie gestartet hatte. Bei einem Anschlag auf einen Bus im Bundesstaat Chhattisgarh waren Anfang des Monats 24 Zivilisten und elf Polizisten getötet worden, im März sollen die Rebellen bereits einen anderen Hochgeschwindigkeitszug zum Entgleisen gebracht haben. Ministerpräsident Manmohan Singh hat den Aufstand als die größte Bedrohung der inneren Sicherheit bezeichnet.

Die "Naxaliten" genannten Aufständischen setzen sich nach eigenen Angaben für die Belange benachteiligter Bevölkerungsschichten und landloser Bauern ein, sie haben zu einem viertägigen Generalstreik ab Feitag aufgerufen. In zahlreichen Untergruppen kämpfen Schätzungen zufolge bis zu 20.000 Rebellen. Sie gingen 1967 aus einer Bauernbewegung in Westbengalen hervor und sind mittlerweile in 20 der insgesamt 29 indischen Bundesstaaten aktiv.

© AFP/AP/rtr/mob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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