Duldung für Afghanen in Bayreuth:Kirchen loben die Regierung Söder ein bisschen

Vereidigung des 89. Bischofs von Würzburg

Markus Söder und die Kirchen, das hat in letzter Zeit des Öfteren gehakt. Gerade scheint sich die Beziehung zu verbessern.

(Foto: dpa)
  • Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche begrüßen die Duldung des in Franken vorbildlich integrierten Afghanen Danial M.
  • Wegen einer Formalität war der 22-Jährige von der Abschiebung bedroht und verbrachte 39 Tage im Kirchenasyl.
  • Im Juli hatte die Schwester von Danial M. Bayerns Ministerpräsidenten Söder (CSU) auf die Lage ihres Bruders aufmerksam gemacht.
  • Nach SZ-Informationen haben sich neben Söder zwei weitere Kabinettsmitglieder mit dem Fall beschäftigt.

Von Oliver Das Gupta

Die Asylpolitik, der "Kreuz-Erlass" und rechtspopulistische Sprüche von CSU-Spitzenvertretern: Die Atmosphäre zwischen den Bayern regierenden Christsozialen und den beiden großen Kirchen hat sich in den letzten Monaten immer weiter verschlechtert. Nun allerdings gibt es Signale für eine Besserung des arg ramponierten Verhältnisses. Auslöser ist die die erteilte Duldung für den Afghanen Danial M. aus dem oberfränkischen Neuenmarkt, für den sich unter anderem namhafte Kirchenvertreter eingesetzt hatten.

Wie am Montagabend bekannt wurde, hat das bayerische Innenministerium zugunsten des vorbildlich integrierten 22-Jährigen bei der zuständigen Ausländerbehörde interveniert und ihn so vor der drohenden Abschiebung bewahrt.

Am Tag danach gibt es positive Resonanz der Kirchen, die auch der CSU-geführten Staatsregierung gilt. Die für Bayreuth zuständige evangelische Regionalbischöfin Dorothea Greiner sagte der Süddeutschen Zeitung, sie begrüße die "rasche, der Person und der Sache entsprechende Entscheidung." Greiner zufolge richtet sich die bayerische Ausländerpolitik derzeit generell neu aus: "Auch aus anderen konkreten Vorgängen entnehme ich, dass die Regierung im Begriff ist, eine notwendige, verändernde Weichenstellung vorzunehmen", sagt die Geistliche. Der Einzelfall werde nun auf seine Integrationsfähigkeit in den Arbeitsmarkt hin überprüft. "Der Schritt vom Asylverfahren zum Zuwanderungsverfahren ist überfällig", so die Regionalbischöfin. "Menschlichkeit und Wirtschaftlichkeit befördern einander."

Danial M. wäre demnach ein Präzedenzfall für einen konstruktiv-differenzierteren Umgang der bayerischen Staatsregierung mit Flüchtlingen. Der für Bayreuth zuständige katholische Bamberger Erzbischof Ludwig Schick dankt "allen, die sich für Danial eingesetzt haben", nennt aber keine Personen oder Institutionen. Allerdings hebt er lobend hervor, dass Kirchenasyl helfen könne, "im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung die gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen". Genau das ist passiert: Die Fachleute im Innenministerium haben den Ermessensspielraum im Fall Danial M. geprüft - nach Hinweis von CSU-Politikern.

Ausgangspunkt war neben der Medienberichterstattung ein Gespräch von Ministerpräsident Markus Söder mit der Schwester von Danial M., die am 17. Juli zu seinem Wahlkampfauftritt in Bayreuth gekommen war. Söder soll versprochen haben, das Innenministerium zu bitten, den Fall zu prüfen. Das scheint geschehen zu sein. Nach SZ-Informationen sollen zwei weitere Kabinettsmitglieder Kontakt zu den Kirchenvertretern gehabt haben, die sich um den Afghanen kümmerten.

Bundesweites Aufsehen für den Fall Danial M.

Der Fall Danial M. hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt, weil der Flüchtling als Musterbeispiel für gelungene Integration galt. Wegen einer von ihm versäumten Formalie sollte er abgeschoben werden und flüchtete deshalb Anfang Juli ins Kirchenasyl. Deshalb hob der Flieger nach Kabul ohne ihn, aber mit den 69 anderen Afghanen ab, über die der Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer später bei einer Pressekonferenz in Zusammenhang mit seinem 69. Geburtstag witzeln sollte. Danial M., das war in diesem Sinne "Seehofers verhinderter 70. Afghane".

Dass der junge Mann mit Hilfe des Kabinetts Söder nach 39 Tagen das Kirchenasyl verlassen kann, ist besonders pikant, denn der aktuelle bayerische Regierungschef und sein Vorgänger sind in tiefer Abneigung miteinander verbunden. Seehofer holte als Ministerpräsident bei der letzten Landtagswahl die absolute Mehrheit, Söder hingegen muss starke Verluste beim anstehenden Urnengang im Oktober befürchten.

Die letzten Umfragen sehen die CSU stabil unter 40 Prozent, auf Platz zwei befinden sich die bayerischen Grünen. Deren Spitzenkandidatin Katharina Schulze glaubt mit Blick auf die erteilte Duldung für Danial M. noch an keinen Sinneswandel bei der CSU. "Anstatt vom Gnadenakt des Ministerpräsidenten abhängig zu sein, fordere ich endlich die Umsetzung der bundesweit gültigen 3+2-Regelung auch in Bayern", sagt Schulze zur SZ. Die 3+2-Regelung bedeutet, dass ein Flüchtling, der in Deutschland eine Ausbildung beginnt und die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, selbst dann die Ausbildung abschließen und in einer zweijährigen Anschlussbeschäftigung tätig sein darf, wenn sein Asylantrag abgelehnt wird.

Ob ein Bündnis mit der CSU nach der Wahl bei einer tatsächlichen Neuausrichtung der Ausländerpolitik wahrscheinlicher wird, ließ Schulze offen. "Mit uns kann man über ein ökologisches, weltoffenes und gerechtes Bayern sprechen, aber nicht über eine autoritäre und anti-europäische Politik."

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Franken
:"Seehofers 70. Afghane" darf bleiben

Sein Fall sorgte bundesweit für Aufsehen: Der mustergültig integrierte Danial M. sollte wegen einer Formalie abgeschoben werden und flüchtete ins Kirchenasyl. Nun erhielt er überraschend eine Duldung - womöglich hat Markus Söder dazu beigetragen.

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