Düsseldorf (dpa/lnw) - Familien in Nordrhein-Westfalen sollen beim Ersterwerb einer selbstgenutzten Immobilie ab Anfang kommenden Jahres entlastet werden. Die Landtagsfraktionen von CDU und FDP vereinbarten dafür am Dienstag ein Förderprogramm in Höhe von 400 Millionen Euro. Das Programm werde im Vorgriff auf die geplante, gezielte Senkung der Grunderwerbsteuer ab 2023 aufgelegt, sagte CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen.
Die Förderung richte sich insbesondere an Familien, aber auch an Paare und Einzelpersonen, die Wohneigentum kaufen. Vorstellbar sei ein gestaffelter Fördersatz, der sich an der Zahl der einziehenden Personen ausrichte. Kinder würden somit berücksichtigt. „Wir wollen junge Familien und den Ersterwerb einer Immobilie fördern“, sagte Löttgen.
Die Details des Förderprogramms müssen noch ausgearbeitet werden. Daraus werde sich auch die prozentuale Entlastung ergeben, sagte FDP-Fraktionschef Christof Rasche. Er halte es für wahrscheinlich, dass sie „am Ende über 1,5 Prozent“ liege. Das Förderprogramm soll bis März beschlossen werden, aber rückwirkend zum 1. Januar 2022 in Kraft treten.
Die Grunderwerbsteuer wird von den Bundesländern festgelegt. In NRW liegt der Steuersatz beim Kauf einer Immobilie oder von Bauland im Bundesdurchschnitt besonders hoch. Die Steuer war 2015 in NRW von fünf Prozent auf 6,5 Prozent auf den Kaufpreis erhöht worden.
Das Programm wird für ein Jahr aufgelegt. Die Landeskoalition hofft, dass NRW ab 1. Januar 2023 mit Hilfe der von der neuen Bundesregierung zu beschließenden Öffnungsklausel die Grunderwerbsteuer gezielt senken könne, sagte Löttgen.
Die neue rot-gelb-grüne Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer etwa durch einen Freibetrag in Aussicht gestellt, um den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums zu erleichtern. Auch CDU und FDP in NRW hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag seit 2017 zum Ziel gesetzt, die Grunderwerbsteuer zu reformieren und dafür mehrere Bundesratsinitiativen gestartet.
Die zusätzlichen 400 Millionen Euro werden im Haushaltsgesetz für 2022 ergänzt. Gegenfinanziert werden soll die Summe zum Teil über die sogenannte globale Minderausgabe und durch Einsparungen bei jüngsten Tarifabschlüssen.
Der Landtag verabschiedet am Mittwoch den Etat für 2022. Das Wohneigentum-Programm wurde erst einen Tag zuvor beschlossen. Der Haushaltsentwurf hat ein Volumen von mehr als 87,5 Milliarden Euro - rund 3,4 Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. In ihrem Etatentwurf weist die Landesregierung keine Neuverschuldung aus.
Die CDU-/FDP-Koalition beschloss einen Tag vor der Verabschiedung des Haushalts weitere Änderungsanträge. So soll die Zahl der Taser-Waffen bei der Polizei auf gut 1200 verdoppelt werden, so dass die Elektroschock-Pistolen künftig auch in der Fläche und nicht nur in Modellkommunen eingesetzt werden können. Dafür sind vier Millionen Euro zusätzlich eingeplant.
Ein Sonderfonds über zehn Millionen Euro soll für die Entschädigung der Opfer des Bottroper Apotheker-Skandals um gepanschte Krebsmedikamente eingerichtet werden. Mit weiteren 3,5 Millionen Euro wird ein Opferschutzfonds des Landes ausgestattet.
Außerdem bremsen CDU und FDP nun nach Unmut in der Pflegebranche die Einrichtung einer NRW-Pflegekammer. Bisher hätten sich rund 60 000 von geschätzt etwa 200 000 Pflegekräften registriert, sagte Löttgen. Die neue Bundesregierung plane nun eine bundesweite Befragung, wie die Selbstverwaltung in der Pflege organisiert werden solle. Dies wolle das Land abwarten. Daher müssten bis 31. Juli 2027 keine Beiträge erhoben werden. Dafür sei im Haushalt Vorsorge getroffen worden.
Niemand solle einen Nachteil durch die Mitgliedschaft in der NRW-Pflegekammer erleiden, sagte Löttgen. An den Pflichtbeiträgen hatte es massive Kritik gegeben.
Die SPD-Opposition warf der Regierung vor, „mit der Gießkanne durch das Land“ zu laufen und Geschenke zu verteilen. „Das ist eine durchsichtige Wahlkampfaktion ohne Plan und Konzept“, sagte SPD-Finanzexperte Stefan Zimkeit. Der Vorschlag zu einem weiteren Programm zur Förderung von Wohneigentum sei „äußerst vage“.
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