Süddeutsche Zeitung

Dürre:Dem Wald helfen

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Wenn jetzt der Regen kommt, wird das dem deutschen Wald nicht helfen. Es braucht mehr - gerade jetzt in Corona-Zeiten.

Von Marlene Weiss

Endlich löst sich die Blockade im Wettersystem. Wochenlang hat über Mittel- und Nordeuropa ein Hochdruckgebiet das andere abgelöst, Tiefdruckgebiete wurden reihenweise abgedrängt. Das Ergebnis ist fast überall in Deutschland deutlich zu spüren: Seit mehr als einem Monat ist kaum Regen gefallen, viele Böden sind ausgedörrt. Nun ist für die neue Woche der ersehnte Wetterumschwung angekündigt. Aber vorbei ist damit noch gar nichts.

Zwar kann sich für die Landwirtschaft mit etwas Glück der Schaden noch in Grenzen halten. Schwierig ist es vor allem dort, wo zu Beginn der Trockenphase neu gesät wurde; ganz ohne Wasser kann die Saat nicht aufgehen, und Bewässerungsmöglichkeiten gibt es in Deutschland kaum. Aber weil nach dem klatschnassen Februar der Boden direkt unterhalb der obersten Zentimeter immer noch relativ gut durchfeuchtet ist, kam zumindest das Wintergetreide recht gut durch die Trockenphase. Ein einigermaßen feuchter Mai könnte vieles retten.

Aber auch ein feuchter Mai kann nur das Symptom lindern, nicht die Ursache. Das Problem ist, dass dieser Trockenphase schon zwei Dürrejahre vorausgegangen sind. Der Gesamtboden bis in knapp zwei Meter Tiefe ist selbst nach dem eher nassen Winter noch immer viel zu trocken - und jetzt bleibt der Regen wieder aus. Reiner Zufall ist das kaum: Europaweit werden die Böden durch den Klimawandel trockener, auch in Deutschland sinkt der Grundwasserspiegel.

Dabei gibt es hierzulande noch keinen Trend zu weniger Niederschlag. Aber der Klimawandel scheint Blockade-Phasen wie die jüngste häufiger zu machen, in beide Richtungen: mal als Dauersonne, mal als Dauerregen. Böden, die über Monate ausgetrocknet sind, können ihre Speicher aber nicht auf die Schnelle auffüllen, wenn es heftig regnet. Außerdem brauchen Pflanzen immer mehr Wasser, weil die Vegetationsperiode länger wird und bei Hitze mehr verdunstet. Vor allem für den Wald droht somit ein weiteres übles Jahr. Schon jetzt sind nur noch 22 Prozent der Bäume intakt, so schlimm war es noch nie, seit 1984 die systematischen Erhebungen begannen. Nach dem warmen Winter können die kaum dezimierten Schädlingsmassen des Vorjahres wieder über einen geschwächten Wald herfallen.

Eine Neuwagen-Kaufprämie rettet die Bäume nicht. Öko-Förderung wäre sinnvoller

Sicher kann man gegensteuern: Landwirte können auf trockenheitsresistentere Sorten und auf mehr Mischung setzen, damit bei zu viel oder zu wenig Regen nicht gleich die ganze Ernte dahin ist. Der Wald muss weiter umgebaut werden, hin zu einem stabilen Mischwald. Vielleicht findet sich eine sinnvolle Verwendung für all das Schadholz, das die Waldbesitzer nicht mehr loswerden. Teils kann es auch helfen, Entwässerungsgräben rückzubauen, wie es der WWF fordert. Aber verschwinden wird das Problem nicht. Man kann nur verhindern, dass es noch viel schlimmer wird, wenn man endlich konsequent das Klima schützt.

Und zwar auch in der Corona-Krise, gerade jetzt - indem man die Wirtschaft nach der Krise so wieder aufbaut, dass sie klimafreundlicher wird. Eine Neuwagen-Kaufprämie dürfte da wenig bringen, viel sinnvoller wären andere Ansätze: klimafreundliche Investitionen fördern, den Bau neuer Windanlagen wieder in Schwung bringen, Ölheizungen durch Wärmepumpen ersetzen. Eine bessere Gelegenheit, die Zukunft zu gestalten, gab es schon lange nicht mehr.

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Quelle:
SZ vom 27.04.2020
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