Dublin III:Nur jeder Dreizehnte muss zurück

Asylbewerber müssen immer weniger fürchten, in andere EU-Staaten ausgewiesen zu werden.

Von Jan Bielicki

Asylbewerber in Deutschland müssen immer weniger befürchten, im Zuge des sogenannten Dublin-Verfahrens in andere EU-Staaten ausgewiesen zu werden. Im zweiten Quartal dieses Jahres wurden lediglich 931 Asylbewerber tatsächlich überstellt - also nur jeder dreizehnte Flüchtling, für dessen Asylantrag das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ein anderes EU-Land zuständig sah. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministers auf eine Anfrage der Bundestags-Linken hervor. 2014 war es jeder siebte, 2012 noch jeder vierte gewesen.

Die Dublin-III-Verordnung der EU legt fest, wer für ein Asylverfahren zuständig ist - nämlich in der Regel der EU-Staat, den ein Flüchtling zuerst betritt. Doch gerade in die Hauptdurchgangsländer Ungarn und Bulgarien überstellt das Bamf kaum noch Flüchtlinge. Am Dienstagabend verkündete das Amt, syrische Flüchtlinge, die meistens über die sogenannte Balkanroute ins Land kommen, überhaupt nicht mehr dem Dublin-Verfahren auszusetzen.

Seit 2011, als der Bürgerkrieg in ihrem Land begann, bis zu diesem Juni haben bereits 137 000 Syrer in Deutschland Zuflucht gefunden, wie das Innenministerium auf eine Anfrage der linken Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke mitteilte. 100 000 von ihnen schlugen sich über Ägäis und Mittelmeer durch; 37 000 kamen im Rahmen der Aufnahmeprogramme von Bund und Ländern. 39 000 sind minderjährig. Diese Aufnahmeprogramme sind jedoch zum größten Teil beendet und laufen nur noch in wenigen Bundesländern weiter. Über diese Landesprogramme dürfen und durften nur Flüchtlinge einreisen, für die hier lebende Verwandte oder andere Helfer im Notfall den Lebensunterhalt bestreiten - und das in einer Verpflichtungserklärung auch bindend zusichern.

Umstritten ist weiterhin, wie lange diese Erklärung die Bürgen zur Zahlung verpflichtet: Unbefristet, wie etwa das Land Berlin meint? Oder nur bis zu einer Anerkennung als Flüchtling, wie es Nordrhein-Westfalen für richtig hält? Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verweist in einem Schreiben an seinen NRW-Kollegen Ralf Jäger (SPD) auf die Verantwortung der Länder: Er selbst halte eine Verpflichtungserklärung nicht für obligatorisch, wenn die Länder eine Kostenübernahme vorsähen.

Ulla Jelpke fordert indes ein neues Aufnahmeprogramm für syrische Flüchtlinge. Diesen die legale und sichere Einreise zu ihren Verwandten zu ermöglichen, sei "doch das Mindeste, was wir tun können".

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