Süddeutsche Zeitung

Drohnenaffäre um Thomas de Maizière:Ein Minister, der sich selbst bedauert

Auf einem Flugplatz vergammelt die einzige Testdrohne, die schon geliefert wurde. Sie ist das Sinnbild einer deprimierenden Verantwortungslosigkeit. Die monatelange Ahnungslosigkeit de Maizières in der Drohnenaffäre ist äußerst peinlich. Die Konsequenzen wird aber nicht der Verteidigungsminister tragen müssen.

Ein Kommentar von Nico Fried, Berlin

Thomas de Maizière hat in seinen Erklärungen zum Scheitern des Euro Hawk einen Mann geschildert, der einem leidtun muss. Dieser Mann setzte sich noch für die Aufklärungsdrohne ein, als sie faktisch schon gescheitert war. Er ahnte über Monate nichts von Problemen, die andere längst kannten, die mit dem Euro Hawk befasst waren. Nicht einmal die Entscheidung über den Stopp des Projekts konnte er selbst treffen, sondern nur noch billigen, als sie schon gefallen war.

Dieser bedauernswerte Mann, den Thomas de Maizière am Mittwoch beschrieb, war Thomas de Maizière höchstselbst. Der Verteidigungsminister steht nach dieser Darstellung einem Haus vor, das schlecht funktionierte, das falsch informierte und das den Minister ordentlich blamierte.

Trotzdem wird de Maizière die Euro Hawk-Affäre politisch überleben. Er steht heute in der Verantwortung - aber für das Scheitern des Euro Hawk wird man ihn nicht verantwortlich machen können, jedenfalls nicht so konkret, dass es einen Rücktritt rechtfertigte. Denn richtig ist wohl, dass entscheidende Fehler gemacht wurden, als er noch nicht Minister war, und die Korrektur dieser Fehler an Strukturen des Hauses scheiterte, die lange vor seinem Amtsantritt etabliert wurden. Die monatelange Ahnungslosigkeit, in der ihn seine Staatssekretäre beließen, ist äußerst peinlich, aber Konsequenzen wird sie wohl, wenn überhaupt, für die Staatssekretäre haben und nicht für den Minister.

De Maizière bleibt - genau so wie der Ärger über das Drohnen-Desaster. Das Projekt ist gescheitert, viel Geld ist weg, aber die Urheber sind nicht mehr im Amt. Die Tatsache, dass unter ihnen auch Sozialdemokraten waren, wird den Furor in Teilen der Opposition alsbald besänftigen. Die Verantwortung für den Euro Hawk ist somit ein politisches Waisenkind.

Deprimierende Verantwortungslosigkeit

Ohnehin ist es ja sehr in Mode gekommen, politische Verantwortung nicht mehr rückwirkend wahrzunehmen, sondern nur noch nach vorne. Wenn der Schlamassel angerichtet ist, schaut die Politik betroffen und verspricht, Wiederholung zu verhindern. Man kennt das zum Beispiel vom Desaster um den Berliner Flughafen und den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit.

Auch der Verteidigungsminister sieht seine Verantwortung nun darin, Strukturen zu verändern, Informationen zu verbessern und noch eine Behörde einzurichten. Die Prüfung möglicher Schadenersatzklagen, die de Maizière angekündigt hat, wird vor allem die Anwälte erfreuen, die das Ministerium damit beauftragt.

Der Verteidigungsminister Thomas de Maizière kommt also glimpflich davon. Gleichwohl sollte er sich nun auch nicht als Helden darstellen. Dass weiterer Schaden nicht entsteht, macht den Schaden, der entstanden ist, nicht geringer. Dass die Entscheidung, das Projekt zu stoppen, nicht falsch war, macht die falschen Entscheidungen vorher nicht richtig. Auf dem Flugplatz in Manching gammelt demnächst die eine Testdrohne vor sich hin, die schon geliefert wurde - Sinnbild einer deprimierenden Verantwortungslosigkeit.

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SZ vom 06.06.2013/sst
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