SicherheitspolitikDobrindt will Bundeswehr Abschuss von Drohnen erlauben

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Ein Bundeswehrsoldat präsentiert den Counter UAV Jammer HP 47 bei der Leistungsschau Drohnenabwehr. Ziel ist es, die Abläufe zwischen Bundeswehr und zivilen Behörden besser einzuspielen.
Ein Bundeswehrsoldat präsentiert den Counter UAV Jammer HP 47 bei der Leistungsschau Drohnenabwehr. Ziel ist es, die Abläufe zwischen Bundeswehr und zivilen Behörden besser einzuspielen. (Foto: Marcus Golejewski/dpa)

Nach dem erneuten Drohnenalarm in Dänemark und der Sichtung verdächtiger Flugobjekte in Norwegen und Schleswig-Holstein will Innenminister Dobrindt nun klare Regeln schaffen, ein Drohnen-Abwehrzentrum einrichten und das Luftsicherheitsgesetz reformieren.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt will die Befugnisse der Bundeswehr im Kampf gegen illegale Drohnenüberflüge deutlich erweitern. Die Bedrohungslage sei hoch, sagte Dobrindt. Deshalb müssten mehr Maßnahmen ergriffen werden. Zum einen solle ein Drohnen-Abwehrzentrum eingerichtet werden, kündigte der CSU-Politiker an. Zum anderen müsse das Luftsicherheitsgesetz neu gefasst werden. Dies müsse auch die Abschussmöglichkeit von Drohnen beinhalten. Dafür muss die Bundeswehr der Polizei im Inneren bei der Drohnenabwehr Amtshilfe leisten dürfen.

Eine entsprechende Änderung des Luftsicherheitsgesetzes hatte die Ampel-Regierung schon im Januar auf den Weg gebracht. Die Neuregelung sollte den Streitkräften die Anwendung von „Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge“ ermöglichen. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl wurde das aber nicht mehr umgesetzt.

Bisher erlaubt das Luftsicherheitsgesetz der Bundeswehr nur, vergleichsweise milde Mittel einzusetzen. So dürfen die Streitkräfte im Luftraum Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben.Ein Abschuss von Drohnen ist grundsätzlich rechtlich auch möglich, wie die Rechtswissenschaftlerin Verena Jackson von der Universität der Bundeswehr in München am Freitag auf Anfrage betonte. Jedoch müsse dies verhältnismäßig sein und berge zudem erhebliche Gefahren - etwa durch herabfallende Trümmerteile oder explosive Ladung und werde deshalb bisher kaum in Betracht gezogen.

Zuletzt hatten Drohnen in Dänemark stundenlang Flughäfen lahmgelegt, am Freitagabend wurde erneut mindestens eine Drohne entdeckt, diesmal laut der Nachrichtenagentur Ritzau am größten dänischen Militärstützpunkt Karup. Am Montagabend hatte die Sichtung mehrerer größerer Drohnen zur stundenlangen Vollsperrung des Hauptstadtflughafens Kopenhagen geführt. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag waren weitere, kleinere Flughäfen betroffen – alle in Jütland nahe der deutschen Grenze. In dieser Region liegt auch die Militärbasis Karup.

Ob ein Zusammenhang zu den Drohnenüberflügen der vorangegangenen Tage besteht, ist offen. In der Nacht zum Freitag waren auch in Schleswig-Holstein Flugkörper gesichtet worden.

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Die dänischen Behörden haben bislang keine Informationen veröffentlicht, die Aufschluss darüber geben, wer genau für die Drohnenflüge verantwortlich sein könnte. Die Regierung spricht von einem „hybriden Angriff“. Die Ermittler gehen von einem professionellen Akteur mit den nötigen Fähigkeiten aus, der damit Unruhe in dem Nato-Land stiften will. Russland hatte in einer Mitteilung seiner Botschaft in Dänemark am Donnerstag Vermutungen zurückgewiesen, für die Vorfälle verantwortlich zu sein.

Drohnen in Dänemark und der Ostflanke alarmieren die EU

Die Planungen für den Aufbau eines umfassenden Drohnenabwehrsystems an der Ostflanke der EU gewinnen nach den jüngsten Ereignissen in Dänemark an Fahrt. Wie EU-Verteidigungsindustriekommissar Andrius Kubilius mitteilte, wurde bei einer Videokonferenz mit Verteidigungsministern vereinbart, mit der Umsetzung des Konzepts zu beginnen. Demnach soll vorrangig ein „Drohnenwall“ errichtet werden, der mit fortschrittlichen Fähigkeiten das Erkennen, Verfolgen und Abfangen von unbemannten Flugkörpern ermöglicht. In einem Interview der Website Euractiv hatte Kubilius zuletzt gesagt, der Wall könne innerhalb eines Jahres aufgebaut sein.

An der Videokonferenz nahmen nach Angaben des EU-Kommissars Verteidigungsminister der EU-Staaten Bulgarien, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien teil. Mit dabei waren zudem auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sowie Vertreter Ungarns, der Slowakei, der dänischen EU-Ratspräsidentschaft und der Nato.

Die Planungen eines Drohnenabwehrsystems an der Ostflanke der EU gewinnen nach den jüngsten Ereignissen an Fahrt. Die Aufnahme zeigt das System Drohne Guard, das verdächtige Drohnen identifizieren und ausschalten kann.
Die Planungen eines Drohnenabwehrsystems an der Ostflanke der EU gewinnen nach den jüngsten Ereignissen an Fahrt. Die Aufnahme zeigt das System Drohne Guard, das verdächtige Drohnen identifizieren und ausschalten kann. (Foto: Israel Aerospace Industries/dp)

Auch der Nato-Militärausschuss kam wegen des Themas zusammen, um zu beraten. Das Ergebnis: Das Bündnis könnte die Überwachung seines östlichen Luftraums nach dem wiederholten Eindringen russischer Drohnen und Jets in einen echten Verteidigungseinsatz umwandeln. Nach Abschluss der laufenden Untersuchungen könne dies eine Option sein, sagte der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Admiral Giuseppe Cavo Dragone, nach einem Treffen der Generalstabschefs in Riga. Jetzt sei es allerdings noch zu früh, um seriös zu bewerten, was bei den jüngsten Luftraumverletzungen wirklich vorgefallen sei.

Die Umwandlung der aktuellen Air Policing Mission in eine Air Defence Mission könnte beispielsweise dazu führen, dass die Nato-Flugabwehrkapazitäten an der Ostflanke noch einmal deutlich verstärkt werden. Zudem würden vermutlich neue Einsatzregeln für den Waffengebrauch das Abschießen eindringender Flugobjekte erleichtern.

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