Kollision über dem Schwarzen Meer:US-Drohne abgestürzt - Moskau streitet Verantwortung ab

Unbemannte US-Militärdrohne "MQ-9"

Eine unbemannte US-Militärdrohne "MQ-9", etwa 30 Millionen US-Dollar teuer, ist über dem Schwarzen Meer mit einem russischen Kampfjet zusammengestoßen (Archivbild).

(Foto: Massoud Hossaini/dpa)

Das Weiße Haus beschuldigt Russland, eine Drohne im internationalen Luftraum abgefangen zu haben. Der Vorfall zeigt, wie groß die Gefahr einer direkten Konfrontation zwischen den Großmächten ist.

Von Zita Affentranger und Fabian Fellmann, Washington

Die USA haben über dem Schwarzen Meer eine Drohne verloren. Die unbemannte Aufklärungsmaschine des Typs MQ-9, Kampfname Reaper, ist am Dienstagmorgen ins Wasser gestürzt und wurde zerstört, wie das US-Kommando für Europa mitteilte. Zuvor habe ein russischer Su-27-Kampfjet den Propeller am Heck der mehr als 30 Millionen Dollar teuren Drohne touchiert.

Die Reaper befand sich laut amerikanischer Darstellung auf einem Routineflug im internationalen Luftraum, als sie um sieben Uhr Ortszeit von zwei Su-27-Kampfjets bedrängt wurde. Die Piloten seien mehrmals vor die Drohne geflogen und hätten sie mit Treibstoff beschüttet, was "rücksichtslos, bedenklich für die Umwelt und unprofessionell" sei, heißt es in der Mitteilung des United States European Command.

"Unsicheres und unprofessionelles Vorgehen der Russen"

Dann brachte einer der russischen Jets die Drohne zum Absturz. Laut Air-Force-General James B. Hecker wäre das ums Haar auch dem Piloten zum Verhängnis geworden: "Das unsichere und unprofessionelle Vorgehen der Russen hat beinahe zum Absturz beider Fluggeräte geführt."

Die USA und ihre Alliierten ließen sich jedoch nicht von Aufklärungsmissionen im internationalen Luftraum abbringen, sagte Hecker. Das US-Außenministerium interveniere nun bei den russischen Behörden, sagte John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, in Washington. Der russische Botschafter wurde einbestellt. Präsident Joe Biden sei über den Absturz informiert worden.

Die USA überfliegen das Schwarze Meer regelmäßig. Vor mehr als einem Jahr, schon vor der russischen Invasion der Ukraine, haben sie die Drohnenflüge laut Kirby intensiviert. Immer wieder hätten seither russische Jets amerikanische Fluggeräte abzufangen versucht. Der aktuelle Vorfall steche hervor, weil er zum Absturz der Drohne geführt habe.

Der Zwischenfall befeuert Befürchtungen über einen Unfall mit unbeabsichtigten Konsequenzen, wenn Maschinen der Nato und Russlands in geringer Entfernung voneinander operieren. Schon im Syrien-Krieg ging die Angst um, dass sie ungewollt aneinandergeraten könnten.

Nato zeigt Präsenz im Schwarzen Meer

Über dem Schwarzen Meer spitzt sich die Situation seit Jahren zu. Wladimir Putins Truppen begannen nach der Annexion der Krim im Jahr 2014, sich im Umfeld der ukrainischen Halbinsel deutlich aggressiver zu verhalten.

Russland beansprucht Gewässer und Bereiche des Luftraums für sich, die völkerrechtlich als ukrainisch gelten, da die Annexion der Krim von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird. Mehrmals zwangen russische Einheiten Nato-Schiffe zu Ausweichmanövern, teilweise mit Warnschüssen.

Wo die US-Drohne genau flog, ist nicht bekannt. Die russische Armee beteuerte, ihre Jets hätten sie nicht angegriffen, diese sei wegen riskanter Manöver von selbst abgestürzt. In nationalistischen Kreisen kursierte die Version, die Reaper sei nur einige Dutzend Kilometer vor der Südwestküste der Krim abgestürzt, sie habe russischen Luftraum verletzt.

Es habe früher oder später zu einem solchen Zwischenfall kommen müssen, kommentierte ein russischer Militärblogger, der gute Verbindungen in die Sicherheitskräfte hat. Die Nato sei permanent mit Drohnen über dem Schwarzen Meer aktiv, um der ukrainischen Armee zu helfen. Dass Russland die US-Drohne als feindlich betrachtet habe, sei in Anbetracht des Beschusses der Krim durch ukrainische Drohnen nur logisch.

Russland reagiert zunehmend forscher

Die russische Luftwaffe bedrängt zunehmend auch in unbestritten internationalem Luftraum in der Nähe russischer Grenzen Flugzeuge anderer Staaten. Besonders aggressiv verhält sie sich über dem Schwarzen Meer sowie über der Ostsee, wie der US-Thinktank Rand Corporation durch eine Untersuchung von Hunderten Vorfällen nachwies. Noch vor einigen Jahren signalisierten die russischen Piloten ihr Missfallen, indem sie beim Vorbeifliegen die unbewaffneten Flügelunterseiten ihrer Jets zeigten. Inzwischen fliegen die Russen näher heran, um die mit Raketen bestückten Flügel zur Schau zu stellen. Über dem Schwarzen Meer etwa näherten sie sich vor zwei Jahren einem B-52-Bomber der USA, der an einer Nato-Übung teilnahm, auf 30 Meter.

Oft fliegen die Russen auch in geringem Abstand vor einem anderen Flugzeug vorbei. Je waghalsiger solche Manöver, desto größer das Unfallrisiko. Amerikanische Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass dies dem russischen Jet am Dienstag beinahe zum Verhängnis geworden wäre: Statt die Drohne von ihrem Kurs abzubringen, touchierte er unabsichtlich deren Propeller.

Der nationalistische Kreml-Loyalist Dmitrij Rogosin, einst Chef der russischen Raumfahrtbehörde und heute angeblich Freiwilliger in der Ukraine, feierte das als Heldentat: "Bravo Jungs! Ich gratuliere den glorreichen russischen Fliegern. Weiter so!"

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