Drohende Militäroffensive:Syrien stellt Regimegegnern Ultimatum

24 Stunden gibt die syrische Regierung ihren Gegnern: Wenn sie bis dahin nicht die Waffen niederlegen, droht eine umfassende Militäroffensive. Die USA wollen die Opposition nun mit Kommunikationstechnik ausstatten, um mehr Informationen über die Lage im Land zu erhalten.

Nach blutigen Kämpfen mit Tausenden Toten droht die syrische Führung ihren Gegnern mit einer umfassenden Militäroffensive. Regierungsnahe Online-Medien meldeten gestern, die Widerständler hätten 24 Stunden Zeit, um ihre Waffen niederzulegen und sich zu stellen. Sollten sie dies nicht tun, werde die Armee "den Terroristen mit militärischen Mitteln" zu Leibe rücken. Dies habe die Regierung von Baschar al-Assad auch dem Syrien-Sondergesandten Kofi Annan mitgeteilt.

UN-Beobachter in Al-Haffa

Nach achttägigen Kämpfen konnten UN-Beobachter die Stadt Al-Haffa erstmals besuchen.

(Foto: dpa)

Nach achttägigen Kämpfen in Al-Haffa konnten gestern erstmals UN-Beobachter die Küstenstadt besuchen. Mitreisende Journalisten berichteten, der Ort scheine verlassen, viele Gebäude seien beschädigt. Zuvor hatte die Regierung erklärt, ihre Truppen hätten Al-Haffa "von Terroristen gesäubert". Nach Angaben der Opposition waren bei dem Beschuss des von Sunniten bewohnten Ortes mindestens 80 Menschen getötet worden. Assad gehört der Minderheit der Alawiten an.

USA statten Regierungsgegner mit GPS aus

Die USA wollen syrische Regierungsgegner nun mit Kommunikationstechnik ausstatten, um mehr Informationen über die Lage in dem Land zu erhalten. Dies sei Teil der Bemühungen Washingtons, zur freien Nutzung des Internets in der Welt beizutragen, sagte Außenamtssprecherin Victoria Nuland. Die USA bemühten sich, "jenen zu helfen, die unter der Regierung leiden und keine Möglichkeiten zur Kommunikation untereinander haben". Um welche Hilfen es sich genau handelt, sagte Nuland nicht. Eine mit dem Vorgang vertraute Quelle berichtete jedoch, es würden unter anderem mit dem Satellitenortungssystem GPS ausgestattete Mobiltelefone verteilt, über die "Stätten der Gräueltaten registriert" werden könnten.

Landesweit wurden der Opposition zufolge gestern 22 Menschen getötet. Amnesty International wirft in seinem jüngsten Bericht den syrischen Regierungstruppen und regimetreuen Milizen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Großbritannien fordert schärfere Maßnahmen gegen Syrien

Angesichts der dramatischen Lage hat Großbritannien schärfere Maßnahmen des UN-Sicherheitsrats gefordert. "Wir sehen Tag für Tag neue Massaker in Syrien", sagte Mark Lyall Grant, britischer Botschafter bei den Vereinten Nationen. Für die Umsetzung von Annans Sechs-Punkte-Friedensplans bleibe nicht mehr viel Zeit. Daher müssten alle Anstrengungen darauf gerichtet werden, dem Vorhaben doch noch zum Erfolg zu verhelfen. Das könne gelingen, wenn der Sicherheitsrat die syrische Regierung noch stärker unter Druck setze. Ein militärisches Eingreifen komme derzeit aber nicht in Betracht.

Bei dem seit 15 Monaten anhaltenden Aufstand sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen mindestens 10.000 Menschen getötet worden. Zuletzt hatte es wiederholt Berichte von Massakern regierungstreuer Truppen an der Zivilbevölkerung gegeben. Assad macht indes "ausländische Terroristen" für die Taten verantwortlich. Ein schärferes Vorgehen im UN-Sicherheitsrat gegen Syrien scheiterte wiederholt am Einspruch Russlands und Chinas.

USA nehmen Waffenlieferungsvorwürfe gegen Russland zurück

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sieht nach schweren Vorwürfen gegen das Regime allerdings russische Unterstützung für Damaskus langsam schwinden. Westerwelle sprach von "vorsichtigen ersten Zeichen einer gewissen Bewegungsbereitschaft" Moskaus. Bislang hatte die Veto-Macht Russland ein schärferes Vorgehen gegen das Assad-Regime im Weltsicherheitsrat verhindert. Westerwelle drang am Rande einer Afghanistan-Konferenz in Kabul beim russischen Außenminister Sergej Lawrow auf ein "konstruktives Einwirken" Russlands auf Syrien.

Unerdessen sind die USA sind bei ihren Anschuldigungen gegenüber Russland wegen mutmaßlicher Waffenlieferungen an Syrien zurückgerudert: Die Kampfhubschrauber, deren Überlassung an das Regime in Damaskus Außenministerin Hillary Clinton als dramatische Eskalation des Konflikts bezeichnet habe, seien doch nicht neu, sondern lediglich zur Instandsetzung in Russland gewesen, sagte Ministeriumssprecherin Victoria Nuland. Die USA seien dennoch besorgt, dass Assad die nun zurückgeschickten Hubschrauber zur Tötung von Zivilpersonen nutzen werde.

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