Dresden:Gedenken zwischen Solidarität und Protest

Hat Aleppo einen Platz in Dresden? In der Stadt wird nicht nur an die Bombennacht von 1945 erinnert, sondern auch an Menschen, die heute unter Krieg und Verfolgung leiden. Das sorgt für Aufregung.

Von Ulrike Schuster

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72. Jahrestag der Zerstörung Dresdens

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Dresden erinnert am 72. Jahrestag an die Bombennacht vom 13. Februar 1945. Mit einer Menschenkette, die von einem Elbufer zum anderen reicht, gedenken die Bürger der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg - und setzen ein Zeichen für Versöhnung und Menschlichkeit.

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Zwischen dem 13. und dem 15. Februar 1945 machen die Alliierten aus der Stadt eine Trümmerwüste. 800 britische Bomber werfen hunderttausende Bomben ab, ein Feuersturm peitscht über die Stadt, 25 000 Menschen sterben.

72. Jahrestag der Zerstörung Dresdens

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Die Stadt warnte jedoch vor einem Dresdner Opfermythos. Das löste eine Streit darüber aus, wie angemessenes Gedenken funktioniert. Teilnehmer des Bündnisses "Dresden Nazifrei" etwa erinnern daran, dass die Stadt kein einzigartiges und unschuldiges Opfer im Zweiten Weltkrieg gewesen sei.

Kunstprojekt 'Monument' erinnert in Dresden an zerstoertes Aleppo

Quelle: epd

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Trauer, Zerstörung und Verlust gibt es in jedem Krieg. 1945 in Dresden, aber auch 2017 in Aleppo. Der syrische Künstler Manaf Halbouni will mit seinem Kunstprojekt "Monumentum" auch an den Krieg in seinem Heimatland erinnern. Er ließ drei Busse vor der Frauenkirche aufstellen - ähnlich wie es die Menschen in Aleppo als Barrikade gegen die Scharfschützen taten. Ein gewaltiges Ausrufezeichen für Solidarität und Mitgefühl in der Welt.

Eröffnung Kunstinstallation 'Lampedusa 361'

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Vor der Semperoper erinnert eine Kunstinstallation an weitere Opfer. 90 Fotomatten zeigen die Gräber ertrunkener Bootsflüchtlinge auf sizilianischen Friedhöfen. Es geht um Menschlichkeit, die über alle Grenzen hinweg verbindet. Die Matten stellen die Verbindung zwischen den Bombentoten von Dresden und den Flüchtlingstoten im Mittelmeer her. Es sind andere Zeiten, doch ähnliches Elend und Leid. Es ist, als wolle die Kunst fragen: Lernt ihr Menschen aus der Geschichte?

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Die Bus-Installation scheidet die Geister in Dresden. Was die einen als Verbrüderung und Solidarität mit den Menschen in Aleppo begreifen, ist für die anderen nur "Schrott" und "Schande" - so schreiben es einige Menschen auf ihre Protestplakate. Für die Bus-Gegner hat Dresden nichts mit Aleppo zu tun. Sie wollen am 13. Februar nur der eigenen Toten gedenken. Für die toten Syrer brauche sich Deutschland nicht verantwortlich fühlen, heißt es. Es sei der falsche Tag, der falsche Platz und die falsche Kunst für so viel Syrien in Dresden.

Neonazi-Aufmärsche in Dresden

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200 Rechtsextreme waren am Samstagnachmittag in der Dresdner Innenstadt aufmarschiert, 1000 Menschen stellten sich ihnen entgegen. Initiator der Nazi-Demo war der Holocaust-Leugner Gerhard Ittner, der 2015 wegen Volksverhetzung zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt worden war. Er bezeichnete die NS-Ideologie als "Modell für die ganze Welt", seine Mitläufer applaudierten. Zum 13. Februar wollen sie glauben machen, dass Geschichte nicht so sein muss, wie die Fakten es sagen.

72. Jahrestag der Zerstörung Dresdens

Quelle: dpa

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Dresdens Oberbürgermeister hingegen will wieder zusammenbringen, was zutiefst gespalten ist: Vor dem Gedenktag appelierte Dirk Hilbert (FDP) an die Dresdner, man möge wieder miteinander reden, anstatt zu schimpfen und zu pöbeln. Über Kunst könne man doch streiten, findet er.

Zu den drei Aleppo-Bussen bekam Hilbert mehr Zuschriften als zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise oder der Pegida-Demonstrationen. Hilbert wurde anonym bedroht, auch weil er sagte, dass Dresden während der NS-Zeit "keine unschuldige Stadt" gewesen sei. Er und seine Familie stehen seit einigen Tagen unter Polizeischutz.

© ulsu /liv/dayk
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