Dreikönigstreffen der FDP:Schwunglos, substanzlos, intellektuell harmlos

Unverdrossene Selbstgewissheit und die verzweifelte Suche nach neuen Leitbegriffen: Auf ihrem Dreikönigstreffen versucht die Zwei-Prozent-Partei FDP den Aufbruch. Doch weder mit der Wumba-Wumba-Rede des neuen Generalsekretärs Döring, noch mit den wenig ambitionierten Worten von Parteichef Philipp Rösler mag das so recht gelingen. Bleibt nur die Erinnerung an die glorreiche Vergangenheit.

Heribert Prantl

Die FDP sucht und sucht; aber sie findet weder Zustimmung noch sich selbst. Soeben, auf ihrem Dreikönigstreffen in Stuttgart, hat sie aber gefunden, was sie gar nicht gesucht hat: einen liberalen Kabarettisten. Dirk Niebel, der FDP-Entwicklungshilfeminister und Ex-Generalsekretär unter Westerwelle, hielt dort eine Rede, in der er feststellte, dass Deutschland die stärkste Volkswirtschaft der Welt sei, "weil wir die FDP und Rösler in der Regierung haben". Und: Weil "wir Westerwelle in der Regierung haben", seien die Deutschen "das beliebteste Volk der Welt".

Dreikoenigstreffen der FDP

Quälende Personaldiskussionen haben bei den FDP Sachdiskussionen ersetzt: Auf dem Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart haben die Liberalen einen Neuanfang versucht - doch so recht wollte der nicht gelingen.

(Foto: dapd)

Man kann Lob so übertreiben, dass man die Gelobten damit lächerlich macht. Das ist Niebel - absichtlich oder unabsichtlich? - gelungen. Er hat Philipp Rösler, den Wirtschaftsminister und FDP-Parteichef, und Guido Westerwelle, den Außenminister und Ex-Parteichef, auf diese Weise unangreifbar verspottet.

Ansonsten hat Niebel die Rede gehalten, wie man sie eigentlich vom neuen Vorsitzenden Rösler erwartet hätte: Da paarte sich unverdrossene Selbstgewissheit, die das Kennzeichen eines Profi-Politikers ist, mit dem Versuch aufzuzeigen, wofür der Liberalismus gut sein könnte, wenn man ihn denn vertreten würde. Parteichef Röslers Rede aber wurde zu einem Spiegel der aktuellen FDP-Umfrageergebnisse und des Wirkens der FDP in der soeben geplatzten saarländischen Regierung. Sie blieb unterm Strich, sie war schwunglos, substanzlos und intellektuell harmlos. Sie war unbeleckt und unbedarft, sie war so schlecht wie die Lage der Partei.

Nicht die saarländische Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer hat mit der Aufkündigung der dortigen Dreier-Koalition Rösler die "Aufbruchsrede" versaut - dieser hat das schon selber hingekriegt. Immerhin versuchte Rösler, die ewige Forderung seines Vorgängers Westerwelle nach Steuersenkungen durch einen neuen Leitbegriff zu ersetzen; der heißt "Wachstum". Aber das ist ihm schon im Ansatz misslungen.

Rösler war nicht in der Lage, nach der Qualität des Wachstums zu fragen. Ihm unterlief gar der Fehler, die Parole dadurch einzuführen, dass er sich über den Club of Rome und dessen verdienstvolle Schrift "Grenzen des Wachstums" lustig machte.

Wachstum um fast jeden Preis

Es ist verständlich, wenn die auf zwei Prozent abgestürzte FDP sich selbst ein Wachstum um fast jeden Preis wünscht. Ein Rezept für die deutsche Gesellschaft ist das nicht. Rösler propagiert einen völlig antiquierten Wachstumsbegriff, einen, der weit zurückfällt hinter das Jahr 1971.

Damals waren die Freiburger Thesen der FDP das erste deutsche Parteiprogramm, das einen Abschnitt zum Umweltschutz enthielt: "Umweltschutz hat Vorrang vor Gewinnstreben und persönlichem Nutzen", hieß es dort. Der derzeitige Parteichef sollte das einmal nachlesen und sich von Hans-Dietrich Genscher schildern lassen, wie unter dessen Ägide als Bundesinnenminister das Umweltbundesamt gegründet wurde.

Das Freiburger Programm enthielt im Übrigen schon die Forderung, das Recht auf eine "menschenwürdige Umwelt" im Grundrechtekatalog zu verankern. Das waren die großen, anspruchsvollen Zeiten der FDP. Mit Rösler findet die Partei kaum den Anschluss daran.

Quälende Personaldiskussionen haben bei den Freidemokraten Sachdiskussionen ersetzt. Geändert hat sich daran auch unter dem neuen Vorsitzenden Rösler nichts. In der FDP gönnt der eine dem anderen das Brot nicht. Deshalb hörte man beim Stuttgarter Dreikönigstreffen immer wieder den Aufruf zu Einigkeit und Harmonie.

Dementsprechend hatte Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel für den künftig besseren liberalen Umgang miteinander ein tansanisches Sprichwort parat: Es sei nicht notwendig, "die Laterne eines anderen auszublasen, damit die eigene heller strahlt". Indes: Es gibt wohl in dieser FDP einfach zu viele Laternen, in denen gar kein Licht brennt.

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