Süddeutsche Zeitung

Dossier für Verbotsfahren:1200 Seiten gegen die NPD

"Voll hinter Adolf Hitler:" Das Bundesinnenministerium hat nach "Spiegel"-Informationen die Sammlung von Beweismitteln für ein neues NPD-Verbotsverfahren abgeschlossen. Das Dossier zeichnet das Bild einer zutiefst rassistischen und antisemitischen Partei.

Das Bundesinnenministerium hat nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel die Sammlung von Beweismitteln für ein neues NPD-Verbotsverfahren abgeschlossen. Intern sei ein knapp 1200 Seiten umfassendes Dossier vorgelegt worden. Das als Verschlusssache eingestufte Material belastet die NPD dem Magazin zufolge schwer. Es zeichne das Bild einer zutiefst rassistischen und antisemitischen Partei, die bis heute durch nationalsozialistisches Gedankengut geprägt sei.

Das Dossier besteht demnach überwiegend aus Material, das nicht durch V-Leute gesammelt wurde. Lediglich auf 65 Seiten seien Belege aufgeführt, die mit Hilfe von Informanten zusammengetragen wurden.

Die Materialsammlung soll die Grundlage für einen möglichen neuen Anlauf in Karlsruhe sein, die rechtsextreme NPD zu verbieten. Dabei zeichnet sich ab, dass die Innenminister für einen kompletten Verzicht auf V-Mann-Material votieren. "Wenn wir vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen wollen, sollten wir uns ausschließlich auf offene Quellen berufen", sagt der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) dem Nachrichtenmagazin. Sollten doch Erkenntnisse der V-Leute einfließen, seien einige der Innenminister bereit, dafür ihre Informanten offenzulegen.

Die im Spiegel aufgeführten Beweismittel belegen, wie sich die Ablehnung des demokratischen Systems durch den politischen Alltag der Partei zieht. "Kameraden, in Leipzig ist schon einmal ein Staat zugrunde gegangen. Warum soll es nicht wieder so sein? Warum soll heute nicht der Anfang vom Ende des Projekts BRD sein?", wird etwa der Bundesvorsitzende der NPD-Nachwuchsorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN), Michael Schäfer, aus dem Oktober 2009 zitiert.

Entscheidung im Dezember

Auch der Mitte August zu einer Bewährungsstrafe verurteilte NPD-Fraktionschef im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, wird zitiert. Im März 2011 habe er gedroht: "Wenn wir selbstbestimmt sagen, Europa ist das Land der weißen Rasse und soll es auch bleiben, dann haben wir ein Recht darauf, das notfalls mit militärischer Gewalt sicherzustellen."

Unter Berufung auf den Verfassungsschutz berichtet der Spiegel zudem, dass Antisemitismus weiter eine wichtige Rolle in der Partei spiele. So wurde Dirk Bahlmann, NPD-Gemeinderat aus Löcknitz in Mecklenburg-Vorpommern, verurteilt, weil er eine Holocaust-Gedenktafel beschädigt hatte. Anschließend habe Bahlmann die Gedenktafel als "Beleidigung für alle guten Deutschen" bezeichnet. Der Holocaust sei eine jüdische Erfindung, die Juden hätten beide Weltkriege begonnen. Im Übrigen stehe er "voll hinter Adolf Hitler".

Die Innenminister haben nun bis Anfang Dezember Zeit, das Beweismaterial zu bewerten. Im Dezember soll auf einer Innenministerkonferenz die Entscheidung fallen, ob ein neuer Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht gestellt wird.

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