Süddeutsche Zeitung

Doppelpass:Nagelprobe für Merkel

Mit ihrer Weigerung, mit dem Thema Doppelpass Wahlkampf machen zu wollen, bringt die CDU-Chefin ihre Partei gegen sich auf.

Von Robert Roßmann

Normalerweise ist es eine Nachricht, wenn die Kanzlerin plötzlich etwas anderes sagt als bisher. Manchmal kann aber auch die Wiederholung einer alten Botschaft interessant sein - und genauso ist es in diesem Fall. Angela Merkel hat jetzt bekräftigt, dass sie den Doppelpass nicht zum Wahlkampfthema machen will. Dasselbe hatte sie bereits nach dem CDU-Parteitag im Dezember erklärt. Und doch ist die Wiederholung dieses Satzes nicht weniger als eine Kampfansage an ihre Partei.

Denn seit dem CDU-Parteitag ist einiges passiert. Spätestens mit dem türkischen Referendum über ein Präsidialsystem hat sich die Stimmung in Deutschland gedreht. Nur noch 35 Prozent der Bundesbürger sind für den Doppelpass, unter den Unionsanhängern sind es lediglich 29. Es ist deshalb kein Wunder, dass es in der CDU gärt. Nicht nur ihre Innenpolitiker haben verlangt, das Thema müsse ins Wahlprogramm. Sogar zwei stellvertretende CDU-Vorsitzende gingen mit der Forderung an die Öffentlichkeit.

Wenn Merkel in dieser Situation ihre Erklärung vom Parteitag wiederholt, ist das - je nach Sichtweise - ein mutiges Verteidigen ihrer Überzeugungen oder ein Affront gegenüber der Mehrheit in der CDU. In jedem Fall wird der Streit um den Doppelpass damit aber zur Nagelprobe für Merkel: Schafft sie es noch, ihre Partei auch in kontroversen Fragen hinter ihren Kurs zu zwingen, oder nicht?

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Quelle:
SZ vom 04.05.2017
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