Süddeutsche Zeitung

Doppelagenten-Affäre:USA bieten Deutschland Kooperation an

Lesezeit: 2 min

Die USA sagen Berlin ihre Kooperation bei der Aufklärung der Affäre um den mutmaßlichen Doppelagenten beim BND zu. Allerdings will das Weiße Haus die Vorwürfe nicht im Detail kommentieren.

Die USA haben Deutschland ihre Kooperation bei der Aufklärung der Affäre um den mutmaßlichen Doppelagenten beim Bundesnachrichtendienst (BND) zugesagt. "Wir werden mit den Deutschen zusammenarbeiten, um diese Situation angemessen zu lösen", sagte der Sprecher von Präsident Barack Obama, Josh Earnest, in Washington. Zu dem Vorwurf, dass ein BND-Agent im Auftrag der US-Geheimdienste spioniert habe, wollte Earnest konkret keine Stellung nehmen. Auch die Geheimdienste CIA und NSA lehnten auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP jeden Kommentar ab.

"Wir haben diese Berichte gesehen", sagte Earnest. Allerdings könne er sich dazu nicht äußern, weil es sich um ein schwebendes Verfahren in Deutschland und eine Geheimdienstangelegenheit in den USA handele. Der Obama-Sprecher erklärte, dass die Vorwürfe bei einem Telefonat des Präsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am vergangenen Donnerstag nicht zur Sprache gekommen seien. Ein Gespräch in der Sache sei zwischen den beiden derzeit auch nicht geplant. Das Verhältnis zu Deutschland sei "unglaublich wichtig" - auch die Kooperation in Geheimdienstfragen. Man werde "diese Probleme" daher gemeinsam mit der deutschen Regierung lösen. Grundsätzlich verwies Earnest auf die "enge Partnerschaft" zwischen Deutschland und den USA, die auf "gemeinsamem Vertrauen" und "gemeinsamen Werten" beruhe.

Merkel hatte zuvor von einem womöglich "sehr ernsthaftem Vorgang" gesprochen. Solche Spähaktivitäten stünden "in einem klaren Widerspruch zu dem, was ich unter einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Diensten und auch von Partnern verstehe", sagte die Kanzlerin am Montag während ihrer China-Reise.

Koalition erwägt Ausweisung von US-Agenten

Justizminister Heiko Maas (SPD) warf den Amerikanern sogar "Überwachungswahn" vor. Politiker von Union und SPD forderten eine Ausweisung von US-Agenten, sollte sich der Verdacht der US-Spionage beim BND bestätigen. Auch eine Ausweitung der Spionageabwehr des Verfassungsschutzes auf die befreundeten US-Dienste ist im Gespräch.

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) drängte die Amerikaner zur Aufklärung. Zu den Forderungen nach Ausweisung von amerikanischen Diplomaten sagte Steinmeier: "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bleibt es dabei, dass wir die Reihenfolge aufrechterhalten: Erst Klärung und dann entscheiden, was zu tun ist." Steinmeiers Parteifreundin Fahimi sprach sich aber schon klar für eine Ausweisung aus, sollten sich die Spionagevorwürfe bestätigen. "Sofern sich der Verdacht weiter erhärtet, gehen wir davon aus, dass die Agentenführer aus Deutschland schnellstmöglich ausgewiesen werden", sagte sie. "Die Hintermänner in der US-Botschaft in Berlin müssen belangt werden."

Ähnlich äußerte sich der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach im Gespräch mit Spiegel Online: "Dass die Bundesregierung die US-Kontaktpersonen des BND-Mitarbeiters ohne Konsequenzen weiterhin in Deutschland operieren lässt, ist schwer vorstellbar." Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl pflichtete ihm bei: "Selbstverständlich sollte diese Führungsperson und der verantwortliche Nachrichtendienst-Beamte Deutschland verlassen."

Am Freitag war bekannt geworden, dass ein BND-Mitarbeiter im Verdacht steht, für die USA den Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Affäre um die Abhörpraktiken der NSA ausspioniert zu haben. Die Spähaffäre belastet die Beziehungen zwischen Berlin und Washington seit mehr als einem Jahr. Im März hatte der NSA-Ausschuss des Bundestags seine Arbeit aufgenommen. Er soll nicht nur die Rolle der NSA, sondern auch die des BND klären.

Die jüngste Ausweitung des Spionageskandals überschattet eine dreitägige Reise von Bundestagsabgeordneten nach New York und Washington. Die Delegation des Auswärtigen Ausschusses unter Leitung des CDU-Politikers Norbert Röttgen flog am Montag in die USA. Geplant sind unter anderem Gespräche mit Mitgliedern des US-Kongresses und Vertretern des US-Außenministeriums. Neben der NSA-Affäre soll es dabei um die Krise in der Ukraine und das angestrebte transatlantische Freihandelsabkommen gehen. In New York will die Delegation UN-Generalsekretär Ban Ki Moon treffen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2036059
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
AFP/dpa/lala
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.