Diplomaten haben in den vergangenen Wochen viel Mühe auf zwei Papiere verwandt, die Trumps Ruf nach gerechterer Lastenteilung und einer stärkeren Rolle der Nato im Anti-Terror-Kampf auf den Boden der Realität im Bündnis holen sollten. Herausgekommen ist die Bekräftigung des bereits 2014 gefassten Vorsatzes, bis 2024 bei den Verteidigungsausgaben einen "Richtwert" von zwei Prozent der Wirtschaftskraft anzustreben. Ausdrücklich wird festgelegt, dass die Diskussion um das Zwei-Prozent-Ziel "nicht wieder eröffnet wird", also auch nicht, um noch einmal draufzusatteln.
Neu ist, dass die Nato-Staaten nun jeden Dezember Berichte einreichen müssen, in denen sie darlegen sollen, wie sie ihre finanziellen und militärischen Zusagen im Folgejahr umsetzen wollen. Für die Art dieses Berichts gibt es allerdings auch auf deutsches Betreiben hin keine Vorgaben. Beim Kampf gegen den Terrorismus konnten sich die USA mit der Forderung durchsetzen, dass die Nato der Koalition gegen die Terrormiliz IS beitritt und den Einsatz von Awacs-Überwachungsflugzeugen ausweitet.
An Kampfeinsätzen soll sie sich aber weiterhin nicht beteiligen. In der Nato wird nun auf die beiden mit Zustimmung Trumps beschlossenen Papiere verwiesen. Sie sollen es sein, die gelten, nicht das Gepolter des Präsidenten, von dem offenbar auch Teile seiner eigenen Delegation entsetzt waren. Man will daran glauben, dass im Zweifel zumindest Verlass ist auf Trumps Umgebung, vor allem auf seinen Sicherheitsberater H. R. McMaster. Ob sich Trump im Ernstfall wirklich einbinden lasse, sei bisher nicht erprobt, warnt Jan Techau von der American Academy in Berlin. Es komme "sehr wohl darauf an, wer der Präsident ist". Der Auftritt in Brüssel habe gezeigt, dass die Unberechenbarkeit Trumps ein Problem bleibe.
Die einzige Strategie: Reden
Dieselbe Lehre gilt für die EU. "Er ist, wie er ist, und er wird sich nicht mehr ändern", sagt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister (CDU). Die EU müsse nun "selbstbewusst und zugleich gelassen" reagieren: "Wir müssen auf allen Ebenen reden, reden, reden." Dabei dürfe nicht nur Kontakt gesucht werden zu den bekannten Freunden Europas bei Demokraten und Republikanern. Es gelte, sich "um eine neue Generation von Amerikanern" zu kümmern, die bisher wenig mit der EU anfangen könne. Für den Freihandel mit den USA sieht McAllister noch Hoffnung. "TTIP wird so nicht kommen. Das Thema Handelsvertrag ist aber nicht tot", sagt er.
Mit Trump haben sich die EU-Spitzen am Donnerstag immerhin auf die Arbeit an einem Aktionsplan verständigt. Wohin der führen könnte, ist allerdings ungewiss. Als "schlecht, sehr schlecht" hatte Trump den deutschen Außenhandelsüberschuss gegeißelt und auch sonst keinerlei Verständnis für den Freihandel erkennen lassen. Kommissionspräsident Juncker bestätigte am Freitag in Taormina, dass das Zitat so gefallen ist, und wandte sich dabei gegen zugespitzte Übersetzungen: "Ich bin kein Spezialist im Englischen, wie man weiß, aber: Bad heißt nicht böse, schlecht reicht." Trumps Sprecher Spicer dagegen dementierte in Taormina: "Er hat das nicht gesagt", erklärte er, das sei mal wieder ein "falscher Bericht". Trump habe vielmehr "enorme Achtung vor Deutschland".
Nervös macht die Europäer, dass es anders als in Sicherheitsfragen in Handelsdingen in Trumps Umgebung kein Korrektiv zu geben scheint. Nach bisheriger Einschätzung könnten Trumps aggressive Töne sich in Regierungshandeln, sprich Strafzöllen, niederschlagen (siehe nebenstehenden Bericht). Zumindest was den Klimaschutz betrifft, schürt sein Wirtschaftsberater Gary Cohn aber Hoffnung. Trump neige hier zu Verständnis für die Europäer. Der Präsident wolle sich anhören, was "die europäischen Anführer zu sagen haben".