Süddeutsche Zeitung

Abschlussbericht zum Sturm aufs US-Kapitol:"Donald Trump hat diesen Mob nach Washington gerufen"

Der Untersuchungsausschuss bewertet den Einmarsch des Mobs in das US-Kapitol als einen Aspekt des "mehrteiligen Plans zur Annullierung der Präsidentschaftswahlen 2020".

Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol hat kurz vor Weihnachten seinen Abschlussbericht veröffentlicht. Der Report hat 845 Seiten und es wird detailliert deutlich, wie sehr der Untersuchungsausschuss davon überzeugt ist, dass der ehemalige Präsident Donald Trump die Gewaltakte durch den gescheiterten Versuch, sich an der Macht zu halten, angezettelt hat. Bei seiner letzten öffentlichen Anhörung am Montag hatte das Gremium bereits eine strafrechtliche Verfolgung des früheren US-Präsidenten Donald Trump in vier Anklagepunkten empfohlen, aber nur eine Zusammenfassung des Berichts veröffentlicht.

Die zentrale Ursache für die Geschehnisse des 6. Januar 2021 sei "ein Mann, der ehemalige Präsident Donald Trump, dem viele andere folgten" gewesen, heißt es im Bericht, der den Einmarsch des Mobs in das Kapitol als Aspekt des "mehrteiligen Plans zur Annullierung der Präsidentschaftswahlen 2020" einordnet. Das vollständige Dossier, das gegen 21.45 Uhr Washingtoner Zeit digital veröffentlicht wurde, ist in acht Kapitel mit Titeln wie "Die große Lüge" und "Ein Coup auf der Suche nach einer Rechtstheorie" unterteilt.

Das Gremium, das sich aus sieben Demokraten und zwei Republikanern zusammensetzt, hat bereits am Montag als Resultat der Untersuchungen die einstimmige Empfehlung abgegeben, das US-Justizministerium möge strafrechtliche Ermittlungen gegen Ex-Präsident Donald Trump und Vertraute aufnehmen und drängt darauf, Trump wegen vier Vergehen anzuklagen, darunter Aufruhr, Verschwörung zum Betrug an den USA und Behinderung eines Kongressverfahrens.

"Donald Trump hat diesen Mob nach Washington gerufen", schrieb der Abgeordnete Bennie Thompson, ein Demokrat aus Mississippi, der den Vorsitz des Gremiums innehatte. "Danach schickte er sie ins Kapitol, um zu versuchen, meine Kollegen und mich daran zu hindern, unsere verfassungsmäßige Pflicht zu erfüllen, die Wahl zu bestätigen. Sie haben unsere Demokratie selbst auf die Probe gestellt".

Tausende Zeugen wurden befragt

In den vergangenen fast 18 Monaten hatte der Ausschuss untersucht, wie es zum Sturm von Anhängern Trumps auf den Sitz des Kongresses am 6. Januar 2021 gekommen war. Die Ermittler des Ausschusses befragten dazu mehr als tausend Zeugen und sichteten Millionen von Seiten an Dokumenten. Zudem gab es neun Anhörungen allein in diesem Jahr. Die scheidende Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die den Sonderausschuss gegen den erbitterten Widerstand der Republikaner einberufen hatte, bezeichnete die Arbeit des Gremiums in einer Mitteilung als "einen klaren Aufruf an alle Amerikaner: unsere Demokratie wachsam zu bewahren und unsere Stimme nur denjenigen zu geben, die unsere Verfassung pflichtbewusst verteidigen."

Während manche Ergebnisse des Ausschusses bereits bekannt sind, gibt der Abschlussbericht auch neue Details preis, wie etwa Trumps Wunsch, ins Kapitol zu gelangen, während dort Joe Bidens Sieg bestätigt wurde. "Einem Zeugenbericht zufolge wollte Trump sogar vom Plenarsaal aus an der Auszählung der Wählerstimmen teilnehmen, zusammen mit republikanischen Kongressabgeordneten, vielleicht in dem Bestreben, weiteren Druck auf Vizepräsident Mike Pence und andere auszuüben", heißt es in dem Dossier.

Mindestens 200 Bemühungen, Wahlergebnisse zu annullieren

Der Bericht beschreibt auch einen Anruf vom 2. Januar 2021 an den Staatssekretär von Georgia, Brad Raffensperger, in dem Trump ihn aufgefordert haben soll, "11 780 Stimmen zu finden", als Teil von Trumps Bemühung, das Ergebnis zu ändern. Der Bericht schätzt, Trump und sein innerer Kreis versuchten mindestens 200 Mal öffentlich oder privat, staatliche oder lokale Beamte davon zu überzeugen, die Wahlergebnisse in umkämpften Staaten zu annullieren. Der Bericht umreißt auch elf Empfehlungen, um künftige Versuche zu verhindern, eine Wahlniederlage zu kippen.

Die Ergebnisse des Ausschusses verstärken nun die rechtlichen und politischen Probleme, die Trumps Kandidatur für die Wiederwahl 2024 begleiten, die er vor knapp einem Monat angekündigt hat. Ein anderer Ausschuss des Repräsentantenhauses hat am Dienstag beschlossen, Trumps Steuererklärungen aus sechs Jahren freizugeben, um deren Geheimhaltung er lange gekämpft hat.

Hier ist der gesamte Bericht des Untersuchungsausschusses zu finden.

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