US-Präsident:Trump greift in den Werkzeugkasten des Autokraten

President Donald Trump acknowledges the audience during a campaign rally at Elko Regional Airport in Elko Nevada

Trump ist um maximales Getöse bemüht, um seine Basis zu aktivieren.

(Foto: REUTERS)

Mit seinem provokanten wie unrealistischen Vorschlag zur US-Staatsbürgerschaft putscht der Präsident seine Fans vor der Wahl weiter auf. Seine Aufrufe zur Einheit des Landes sind reine Heuchelei.

Kommentar von Christian Zaschke, New York

Sollte US-Präsident Donald Trump tatsächlich, wie er in einem Interview angekündigt hat, das Geburtsortprinzip abschaffen, wäre das ein massiver Eingriff in Tradition und Geschichte der Vereinigten Staaten. Wer in den USA geboren wird, ist demnach ihr Staatsbürger. Das gilt auch, wenn die Eltern sich illegal im Land aufhalten. Trump hat dieses Prinzip als absurd bezeichnet.

Ob er diesen Schritt tatsächlich gehen kann und will, ist eine andere Frage. Zum einen dürften sich rechtliche Probleme ergeben, da das Geburtsortprinzip im 14. Zusatz der Verfassung verankert ist. Der Präsident mag eine enorme Machtfülle haben, die Verfassung kann er jedoch nicht eigenmächtig ändern. Zum anderen stehen in einer Woche Kongresswahlen an. Trump ist um maximales Getöse bemüht, um seine Basis zu aktivieren. Er will mit seiner Ankündigung die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Der Kern seiner Kommunikationsstrategie ist: Solange alle über ihn reden, kommen keine anderen Themen zur Sprache. Diese Strategie des republikanischen Präsidenten geht zum Verdruss der Demokraten meistens auf.

Trump log, die USA seien das einzige Land der Welt, in das jemand einreisen und ein Kind bekommen könne, das dann die Staatsbürgerschaft erhalte. Tatsächlich gilt dieses Prinzip in Dutzenden Ländern. Er führte aus, er habe sich mit seinem Rechtsberater besprochen, man sei zu dem Schluss gelangt, er könne das Geburtsortprinzip per Präsidialerlass abschaffen. Diese Rechtsauffassung ist, vorsichtig gesagt, nicht weit verbreitet. Deutlich wahrscheinlicher ist es, dass eine Zweidrittelmehrheit im Kongress nötig wäre. Es ist vollkommen unrealistisch, dass diese je zustande kommen könnte. Aber darum geht es Trump auch nicht.

Der Präsident hat in den vergangenen Tagen seine Rhetorik bezüglich der Immigration nochmals deutlich verschärft. Denn mit diesem Thema kann er bei seiner Basis punkten. Seit Tagen warnt er vor der sogenannten Karawane - Flüchtlingen, die aus Zentralamerika kommend durch Mexiko in Richtung der USA ziehen. Trump spricht von einer bevorstehenden Invasion, was nachweislich Unsinn ist, aber auf seinem Haussender Fox News so diskutiert wird, als wäre es ein Faktum.

Mit einem provokaten Plan zur Staatsbürgerschaft wiegelt Trump seine Fans auf

Zudem hat er angekündigt, Zeltstädte an der Grenze zu Mexiko zu errichten, um darin Asylbewerber zu internieren. Auch hat er just mehr als 5000 Soldaten an diese Grenze geschickt. Auf Fox News wurde kürzlich darüber debattiert, ob an der Grenze geschossen werde müsse, um sich gegen den vermeintlichen Ansturm zu verteidigen. Die Diskussion um das Geburtsortprinzip fügt sich in dieses Klima ein.

Es geht Trump darum, die USA als Land im Belagerungszustand zu zeichnen. Er baut eine immer größer werdende Drohkulisse auf. Nur er, so sein Versprechen, könne das Land vor dem Schlimmsten bewahren. Er bedient sich im politischen Werkzeugkasten des Autokraten. Dabei nimmt er die immer tiefere Spaltung des Landes nicht nur in Kauf, er fördert sie. Dass er nach den jüngsten Bombenfunden und dem Anschlag auf eine jüdische Gemeinde in Pittsburgh zur Einheit aufruft, ist reine Heuchelei.

Amerika war auch vor Trumps Amtsantritt ein gespaltenes Land. Es ist nicht zu sehen, wer es auf welche Weise wieder zusammenführen könnte. Sicher ist nur: Dieser Präsident kann es nicht.

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FILE PHOTO: Supporters of Republican U.S. presidential nominee Donald Trump scream and gesture at members of the media in a press area at a campaign rally in Cincinnati

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