Donald Trump:Schuld und Bühne

Will der US-Präsident wirklich Grönland kaufen? Oder nur Krawall machen und Dänemark brüskieren? Seine anstehende Europa-Reise dürfte jedenfalls unerfreulich werden. Denn Trump sucht Sündenböcke für seine verkorkste Präsidentschaft.

Von Stefan Kornelius

Als Höhepunkt einer an Absurditäten reichen Präsidentschaft könnte Donald Trumps Ausflug ins Länderimmobiliengeschäft in die Geschichte eingehen. Selbst Trump kann nicht glauben, dass 2019 Territorien gehandelt werden wie zu Kolonialzeiten. Was also reitet diesen Mann, jenseits der empörenden Verachtung, die er mit seinen Grönland-Plänen gegenüber Dänemark zeigt?

Naheliegend ist, dass dem US-Präsidenten die Reiserei zu viel wird und er seinen bevorstehenden Europa-Trip verkürzen will. Die Reise hätte mehr als eine Woche Zeit verschlungen, wäre er, wie geplant, auch nach Dänemark gefahren. So einen Besuch hätte man aber eleganter absagen können. Überhaupt scheinen Europa unerfreuliche Tage bevorzustehen. Die Vorbereitung zum G-7-Gipfel in Frankreich gerät zur Katastrophe, weil sich die US-Regierung auf keine Agenda einlässt.

Hinter alldem lauert die eigentliche Sorge Trumps: Ein Jahr vor der Wahl wendet sich die Stimmung in den USA gegen ihn. Die Wirtschaftsindikatoren deuten darauf hin, dass er pünktlich zum Wahltag die verbrannte Ernte seiner Präsidentschaft präsentieren muss. Der Präsident braucht also einen Konflikt, einen Schuldigen, um von seiner verkorksten Präsidentschaft abzulenken. Heute war es das kleine Dänemark. Morgen könnte die EU dran sein.

© SZ vom 22.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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