Ein amerikanischer Präsident muss mindestens 35 Jahre alt sein und US-Staatsbürger, außerdem muss er seit mindestens 14 Jahren in diesem Land leben. Das trifft zu für Donald Trump, geboren 1946 in New York und derzeit hauptsächlich wohnhaft in Palm Beach, Florida. Verhindern könnte seine Kandidatur nur der Beweis, dass er an einer Rebellion teilgenommen hat, aber den gibt es trotz gut dokumentierter Vorwürfe so explizit nicht. Ansonsten darf sich selbst ein verurteilter Straftäter um Amerikas Präsidentschaft bewerben.
Das wird Trump auch tun, obwohl ihn ein Gericht in Manhattan soeben wegen Betrugs schuldig gesprochen hat. Seine Republikaner werden ihn Mitte Juli in Milwaukee zum Herausforderer von Joe Biden machen, kurz vorher dürfte der Richter Juan Merchan das Strafmaß verkünden. Vermutlich würde ihn nicht mal Gefängnis stoppen, oder doch? Bislang steht Trumps Riege in Treue fest zu ihrem Spitzenmann, ob das Urteil wegen der gefälschten Geschäftsberichte mit dem Schweigegeld nun vor anderen Instanzen Bestand hat oder nicht.
Seine Rivalen DeSantis und Haley springen ihm bei
Wie Groupies liefen republikanische Abgeordnete und Senatoren zuletzt vor dem New Yorker Justizgebäude auf, während ihr Anführer drinnen auf der Anklagebank saß. Teil des Fanklubs war Mike Johnson, im Repräsentantenhaus der Sprecher von Trumps Gnaden. Auch sein Erzfeind aus dem Senat eilt nun zu Hilfe, Mitch McConnell, den Trump "alte Krähe" nennt. "Diese Anklage hätte gar nicht erst erhoben werden dürfen", schreibt er auf X. "Ich erwarte, dass die Verurteilung in der Berufung aufgehoben wird."
An dieser Stelle wäre erstens anzumerken, dass McConnell am Ende von Trumps Amtszeit im Kongress seine Amtsenthebung verhinderte. Andernfalls wäre der Politiker Trump am Ende gewesen. Damals sagte McConnell, dass sich die Justiz kümmern solle - jetzt stimmt er in den Chor jener ein, die den Rechtsspruch für parteiisch halten. Zweitens ist die große Echokammer der Wut dieses X, vormals Twitter, von Elon Musk. Trump würde ihn in seiner künftigen Regierung zu einem Berater machen.
Der Milliardär Musk, auch dies kurz zur Erinnerung, hatte vor einem Jahr mit Ron DeSantis dessen Bewerbung auf den Weg gebracht. DeSantis wurde von Trump penetrant beleidigt und gab dann schnell auf, nachdem er ungefähr 160 Millionen Dollar verpulvert hatte. Jetzt schimpft er in Musks Netzwerk und Trumps Sinne, dies sei "ein linker Staatsanwalt, ein parteiischer Richter und eine Jury, die eine der liberalsten Enklaven Amerikas widerspiegelt - alles in dem Bestreben, Donald Trump zu 'kriegen'".
Trump hat die Partei zu einer Wagenburg für seine Zwecke verwandelt
Es wäre interessant gewesen, was Floridas Gouverneur gesagt hätte, als er noch im republikanischen Rennen war. Gleiches gilt für Nikki Haley, von Trump "Vogelhirn" genannt. Sie war bis vor Kurzem seine hartnäckigste Rivalin, inzwischen kriecht auch sie zu Kreuze. Sie alle fürchten Trumps Zorn und hoffen auf eine neue Chance in vier Jahren mit seiner Gunst. Trump hat die Grand Old Party, die GOP, in eine Wagenburg für seine Zwecke verwandelt.
Steinreiche Gönner an der Wall Street und dem Silicon Valley stehen ebenfalls an seiner Seite, im Zuge des 6. Januar 2021 mit dem Sturm aufs Kapitol hatte sich der eine oder andere erst abgewandt. "Dieses Urteil wird weniger als null Auswirkung auf meine Unterstützung haben", berichtete Bloomberg der Banker Omeed Malik, kürzlich Gastgeber einer Spendengala für Trump. Ein anderer Großspender, Andy Sabin, erklärt die Verhandlung gegen Trump laut New York Times zum "Schauprozess". In weniger als 24 Stunden nach der Verurteilung kamen in größeren und kleineren Spenden fast 35 Millionen Dollar für Trump zusammen.
Auch der Hedgefonds-Krösus Bill Ackman und der Magnat Steve Schwarzman öffnen offenbar die Kassen für den Milliardärskollegen Trump, der wegen umfangreicher Nebenkosten derzeit etwas klamm ist. Es scheint solchen Geschäftsleuten egal zu sein, dass ihrem Favoriten sexueller Missbrauch, Diffamierung und zweimal Betrug nachgewiesen wurde oder er wegen Verbrechen wie versuchter Wahlbeeinflussung und Verschwörung angeklagt ist. Sie setzen auf Trumps Sieg und verachten Biden.
Biden hält sich mit Kommentaren zum Prozess zurück
Die Demokraten müssen nun sehen, was sie aus dem Szenario machen. Vorläufig ändert der New Yorker Schuldspruch nicht viel am Zuspruch für Trump, nach Umfragen liegt er mindestens gleichauf mit Biden oder leicht bis recht markant vorn. Die Entscheidung wird in wenigen Swing States wie Pennsylvania, Wisconsin und Michigan fallen, in ein paar Landkreisen. Um diese umkämpften Gebiete geht es in diesen Monaten bis zum Stichtag im Herbst.
Joe Biden hat am Donnerstag, als die Geschworenen sprachen, im Familienkreis seines toten Sohnes gedacht. Beau Biden war am 30. Mai 2015 einem Gehirntumor erlegen. Am Freitag sagte der Präsident Biden dann im Weißen Haus, Trumps Prozess bekräftige "Amerikas Prinzip, dass niemand über dem Gesetz steht". Trumps Beschwerde, das Urteil sei manipuliert, nannte er unverantwortlich und gefährlich. Trump habe jede Möglichkeit gehabt, sich zu verteidigen, und könne in Berufung gehen, was er ja tut. "Es gibt nur einen Weg, um Donald Trump aus dem Oval Office heraus zu halten", postete der Wahlkämpfer Biden mit einem Link zum Spendenkonto Biden/Harris. "An den Wahlurnen."
Sein Wahlkampf-Sprecher schreibt das genauso, und er hat wie die meisten Amerikanerinnen und Amerikaner diesen Verdacht: "Ob verurteilter Verbrecher oder nicht, Trump wird der republikanische Präsidentschaftskandidat sein."