Beim Klimaschutz, konkret dem Pariser Vertrag, handelt es sich nicht gerade um ein Minderheitenprogramm. 195 Nationen sind dem Abkommen beigetreten, es hat völkerrechtliche Geltung, es steht geradezu denkmalsgleich da und erinnert an die Mühsal, die es erfordert, so viele Staaten der Welt in einem Ziel zu vereinen. Nun deutet sich an, dass der amerikanische Präsident diesen Vertrag kündigt, womit er die USA in die Gesellschaft von Syrien und Nicaragua stellte. Die haben nicht unterschrieben.
Wer noch eine Erklärung für Merkels Worte über die mangelnde Verlässlichkeit der USA sucht, der dürfte sie nun von Donald Trump persönlich geliefert bekommen. Verträge sind einzuhalten, lautet das eherne Gesetz in der Staatenwelt. Das bedeutet im Umkehrschluss: Auch ein demokratischer Machtwechsel sollte nichts ändern an der Grundausrichtung einer Nation, an ihrer Vertragstreue in wichtigen Abkommen oder in Bündnissen. Donald Trump aber ignoriert diese Vertragstreue und schaltet und waltet nach Morgenlaune. Das nennt man dann mangelnde Verlässlichkeit.
Personalprobleme im Weißen Haus:Trump als Chef? - Nein, danke
Donald Trump hat immer noch keinen neuen FBI-Chef gefunden. Wichtige Posten im Weißen Haus sind unbesetzt. Dass der angedrohte Personalumbau nicht stattfinden kann, liegt vor allem an einer Person.
Der geradezu wahnwitzige Widerspruch der Trump-Entscheidung läge ja darin, dass sie die Meinung von Klima-, Wirtschafts-, und Energieexperten ignoriert, während sich offenbar eine Riege von Beratern durchsetzt, die wohl auch an die Erschaffung der Welt in sechs Werktagen glaubt. Einen Deutungskampf dieser Dimension erlebt Washington selten - allein das sollte Trump stutzig machen. Und selbst wenn er nichts von Klimapolitik versteht oder ökonomische Nachteile aus dem Klimavertrag befürchtet: Überzeugen sollte Trump die Erkenntnis aller Machtstrategen aus dem demokratischen wie aus dem republikanischen Lager, die mit Sorge sehen, wie sich die USA von ihrer Führungsrolle verabschieden und zu einem skurrilen Störfaktor in der Weltpolitik werden.
Diese Erfahrung musste ein isolationistisches Amerika bereits Ende der 20er-Jahre des letzten Jahrhunderts machen: Das Land ist zu groß, als dass ihm die Welt egal sein könnte. Und die Welt ist zu sehr von den USA abhängig, als dass deren Kapriolen ohne Wirkung auf den übrigen Globus blieben. Ein Austritt aus dem Klimaabkommen würde Nachahmer anstiften, grundsätzlich die Frage völkerrechtlicher Bindekraft aufwerfen, die Welt polarisieren. Warum sollte sich etwa Russland an das Budapester Memorandum von 1995 über die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa gebunden fühlen, wenn Trump das Klimaabkommen rückgängig macht? Völkerrecht ist das Knochengerüst im Geschäft zwischen Staaten, Trump hingegen macht Außenpolitik zur amorphen Masse, nicht formbar, nicht belastbar, stets fließend.
Der Präsident spiegelt eine isolationistische Stimmung wider
Diese grandiose Selbstentleibung der USA muss selbst hartgesottenen Amerika-Kritikern suspekt sein, denn weit gefährlicher als eine berechenbare Supermacht ist eine unberechenbare Supermacht. Die kann wirklich großen Schaden anrichten. Wer es also nicht nur bei Beschimpfungen Trumps belassen will, der sollte aktiv werden. Die nächste Weltklimakonferenz findet im November statt, passenderweise in Bonn. Jenseits von Klima und Sicherheit werden sich aber noch andere Lücken auftun. Ein politisches Vakuum hat die Eigenschaft, dass es nie ungefüllt bleibt.
Die größte Lücke deutet sich indes im Verhältnis zu den USA selbst an. Unverständnis schlägt schnell in Sprachlosigkeit um, Sprachlosigkeit in Distanz. Die größte Distanz besteht zu den vielen amerikanischen Wählern, deren Wille Trump zu erfüllen meint. Wer verlässliche USA an seiner Seite möchte, sollte nun nicht in blinder Wut reagieren, sondern die Ursachen des Trumpismus erkennen. Die sind tief im Land verwurzelt. Der Mann im Weißen Haus treibt nur die dollsten Blüten aus.