Süddeutsche Zeitung

USA:Trump bleibt bei Facebook gesperrt

Lesezeit: 3 min

Für den Ex-Präsidenten ist das eine schwere Niederlage. Doch in dem Urteil eines unabhängigen Aufsichtsgremiums steckt auch ein Lichtblick für Trump.

Von Hubert Wetzel, Washington

Die Facebook-Seite von Donald Trump darf vorerst gesperrt bleiben. Das entschied am Mittwoch ein formell unabhängiges Aufsichtsgremium des sozialen Netzwerks. Die Entscheidung von Facebook vom 7. Januar, Trump keine neuen Inhalte auf seiner Seite veröffentlichen zu lassen, werde "aufrechterhalten", hieß es in einer Stellungnahme.

Für Trump ist das eine Niederlage. Der frühere US-Präsident hatte gehofft, dass die Sperre fällt und er wieder Zugang zu Facebook bekommt. Derzeit ist Trump auf keiner Kommunikationsplattform präsent, die eine nennenswerte Reichweite hat. Ob bei Facebook, Instagram oder Twitter - überall sind seine Konten gesperrt. Für Trump, dessen politischer Einfluss zu einem wesentlichen Teil darauf beruht hat, jederzeit und ungefiltert mit seinen Anhängern in Kontakt treten zu können, ist das ein großes Problem. Zwar versucht er durch Presseerklärungen, E-Mails und Blog-Einträge auf seiner Internetseite, die wie Tweets geschrieben sind, Aufmerksamkeit zu erregen. Aber das funktioniert nur äußerst begrenzt.

Facebook und die anderen Dienste hatten Trumps Konten am oder nach dem 6. Januar gesperrt. An diesem Tag hatten Anhänger des Präsidenten das Kapitol in Washington gestürmt. Sie wollten dadurch verhindern, dass das Parlament den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden offiziell bestätigt. Trump hatte an jenem Tag mehrere Stellungnahmen bei Facebook und Twitter veröffentlicht, in denen er Verständnis für die gewalttätigen Demonstranten geäußert hatte.

Facebook ist für Trump extrem wichtig

Facebook hatte am 6. Januar zunächst zwei dieser Beiträge gelöscht. Am 7. Januar entschied das Unternehmen dann, Trumps Konto komplett zu sperren. Der Präsident schüre durch die auch bei Facebook oft verbreitete Lüge, ihm sei der Sieg bei der Präsidentschaftswahl gestohlen worden, die Gewaltbereitschaft bei seinen Anhängern und untergrabe die Demokratie in den USA, hieß es zur Begründung.

Obwohl das Aufsichtsgremium, das sogenannte Oversight Board, diese Entscheidung jetzt billigte, übte es auch Kritik daran. Aus Trumps Sicht ist das zumindest ein kleiner Lichtblick in dem Urteil. Denn das Gremium wies Facebook an, die Sperre im Lauf der kommenden sechs Monate zu überprüfen. In anderen Fällen, in denen Nutzer gegen die Regeln von Facebook verstoßen hätten, seien nur die beanstandeten Inhalte gelöscht oder befristete Sperren ausgesprochen worden, stellte das Gremium fest. Es sei daher nicht gerechtfertigt gewesen, gegen Trump im Januar sofort eine bedingungslose und dauerhafte Sperre zu verhängen. "Das Board beharrt darauf, dass Facebook die Angelegenheit überprüft und eine verhältnismäßige Antwort findet und darlegt."

Ob Facebook in sechs Monaten anders entscheidet und die Sperre aufhebt oder lockert, ist offen. Für Trump hängt sehr viel von dieser Entscheidung ab. Zwar war Facebook nie sein bevorzugtes Kommunikationsmittel - das war immer und mit großem Abstand der Kurznachrichtendienst Twitter. Dorthin gibt es kein Zurück, Twitter hat den früheren Präsidenten permanent gesperrt, ein Einspruch dagegen, wie bei Facebook, ist nicht möglich.

Worauf Trumps innerparteiliche Rivalen hoffen

Aber Facebook war für Trump aus zwei Gründen wichtig. Zum einen war das Netzwerk eine Art Geldstaubsauger für ihn. Über Facebook konnte Trump zig Millionen Bürger erreichen und um Spenden bitten. Ähnliches gilt für den Wahlkampf allgemein. Trump mag viel über Twitter kommuniziert haben. Sein Wahlkampfteam aber hat sowohl 2016 als auch 2020 Facebook in großem Umfang genutzt, um sehr präzise zugeschnittene Wahlbotschaften an ganz bestimmte Wählergruppen zu senden. Diese gezielte Werbung ist als "Microtargeting" bekannt. Sie ist zumindest in politischen Wahlkämpfen höchst effektiv, allerdings gibt es, um sie zu verbreiten, keine echte Alternative zu Facebook.

Sollte Facebook die Sperre dauerhaft aufrechterhalten, könnte das eine weitere Präsidentschaftskandidatur Trumps im Jahr 2024 infrage stellen, bevor er diese überhaupt verkündet hat. Das wiederum wäre vermutlich vielen anderen republikanischen Politikern, die selbst eine Kandidatur ins Auge gefasst haben, gar nicht unlieb. Sie wissen, dass Trumps Bekanntheit und Beliebtheit bei der republikanischen Wählerbasis kaum zu schlagen ist. Je weniger Zugang der Ex-Präsident zur Öffentlichkeit hat, desto besser für seine innerparteilichen Rivalen.

Das wird die Republikaner jedoch nicht daran hindern, die Entscheidung von Facebook heftig zu kritisieren. Die Partei wirft den Privatunternehmen Facebook und Twitter vor, sich auf die Seite der Linken geschlagen zu haben, konservative Stimmen zu zensieren und die Meinungsfreiheit einzuschränken. Das Urteil des Oversight Board passt in dieses Bild.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5285765
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.