Donald Trump:"Es ist nichts falsch daran, zuzuhören"

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"Der FBI-Direktor liegt falsch": Donald Trump glaubt nicht, dass es ein Sicherheitsrisiko darstellt, mit ausländischen Informanten zu reden. (Foto: Kevin Lamarque/Reuters)

Der US-Präsident überrascht mit Aussagen, wie er auf Wahl-Einmischung reagieren würde.

Von Alan Cassidy, Washington

US-Präsident Donald Trump gibt schon länger keine ausführlichen TV-Interviews mehr, wenn die Fragen nicht von ihm genehmen Journalisten seines Haussenders Fox News gestellt werden. Diese Woche machte er für ABC News eine Ausnahme. Er lud den Moderator George Stephanopoulos ein, mit ihm in der Präsidentenmaschine Air Force One zu fliegen, er nahm sich Zeit für ein Gespräch im Oval Office. Und was er ihm dort sagte, hat in Washington erhebliche Verstörung ausgelöst. Auf die Frage, was er täte, wenn ihm im Wahlkampf aus dem Ausland Informationen über seine Gegner angeboten würde, sagte Trump, er könne darin kein Problem erkennen: "Ich denke, ich würde das annehmen."

Spenden und andere Formen von Wahlkampfbeihilfen durch einen fremden Staat sind in den USA verboten. Trump weiß das, schließlich verbrachte er die vergangenen beiden Jahre damit, sich gegen den Vorwurf zu wehren, sein Team habe in seiner Wahlkampagne mit Russland zusammengearbeitet. Und nun diese Aussage: Was er tun würde, wenn sich zum Beispiel jemand aus Russland oder China mit Informationen über seine Rivalen an ihn wenden würde, fragte Stephanopoulos. Würde er zuschlagen - oder das FBI informieren? "Vielleicht beides", antwortete Trump. "Ich würde zuhören wollen. Es ist nichts falsch daran, zuzuhören." Es würde sich dabei auch nicht um Einmischung in die Wahlen handeln, meinte Trump.

Der Präsident blieb auch dann bei seiner Linie, als ihn Stephanopoulos darauf hinwies, dass seine eigenen Geheimdienste und Sicherheitsbehörden dies ganz anders sehen würden. Er verwies auf den Chef des FBI, der kürzlich gesagt hatte, dass ein Kampagnenteam solche Annäherungsversuche in jedem Fall melden müsse. "Der FBI-Direktor liegt falsch", sagte Trump dazu. Erstens habe die Bundespolizei "gar nicht genug Agenten", um solchen Dingen nachzugehen. Und zweitens spreche er ja nur aus, was im politischen Betrieb gang und gäbe sei. "Ganz ehrlich, sprechen Sie einmal mit Kongressabgeordneten, die tun das alle, schon immer", sagte Trump - eine Behauptung, für die es keinerlei Belege gibt.

Die Fragen des ABC-Journalisten waren nicht aus der Luft gegriffen. Im Zug der Ermittlungen des Sonderstaatsanwalts Robert Mueller war bekannt geworden, dass es im Wahlkampf 2016 zu Dutzenden Kontakten zwischen Vertretern von Trumps Team und Russland gekommen war. Unter anderem hatten sich Trumps Sohn Donald junior und sein Schwiegersohn Jared Kushner mit einer dubiosen russischen Anwältin getroffen, die ihnen im Vorfeld schädliche Informationen über Trumps Gegnerin Hillary Clinton in Aussicht gestellt hatte. Für eine illegale Absprache fand Mueller jedoch weder bei diesem Treffen noch anderswo Beweise.

Die Demokraten sind allmählich frustriert, weil ihre Aktionen gegen Trump wenig Erfolg zeigen

Trotzdem glauben die Demokraten, in den neuesten Aussagen Trumps ein Muster zu erkennen - und sind entsprechend empört. Trump begrüße einmal mehr ausländische Einmischung in die US-Wahlen, schrieb der frühere Vizepräsident Joe Biden bei Twitter. "Es handelt sich um eine Bedrohung unserer nationalen Sicherheit. Ein amerikanischer Präsident sollte nicht jene anstiften, die danach streben, unsere Demokratie zu untergraben." Auch andere Präsidentschaftsbewerber der Demokraten sprachen davon, dass Trump mit seiner Haltung ein Sicherheitsrisiko darstelle. Selbst der Republikaner Lindsey Graham, ein enger Verbündeter Trumps, bezeichnete dessen Aussagen am Donnerstag als "Fehler". Eine Reihe von Politikern der Opposition erneuerte zudem ihre Forderung nach einem Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten. Dies wird jedoch von den meisten Demokraten im Kongress nach wie vor abgelehnt. Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, ruft ihrer Fraktion immer wieder in Erinnerung, was die Umfragen zeigen: Dass die meisten Amerikaner von einem Impeachment-Verfahren nicht viel halten. Und dass die Demokraten Gefahr laufen, die Wahlen 2020 zu verlieren, wenn sie alle ihre Energie darauf verwenden. Pelosis Strategie zielt vielmehr darauf ab, Trump mit verschiedenen Untersuchungen in den Ausschüssen des Repräsentantenhauses unter Druck zu setzen.

Bisher hat das jedoch nicht so richtig geklappt. Am Dienstag wollten die Demokraten im Justizausschuss eine Serie von Anhörungen starten, für die sie hochkarätige Zeugen vorgeladen hatten, um über eine mögliche Justizbehinderung durch Trump in der Russland-Affäre zu sprechen. Dazu hatten sie unter anderem Donald McGahn aufgeboten, den früheren Chefjuristen des Weißen Hauses, der im Mueller-Bericht eine Schlüsselrolle spielt. Dieser erschien jedoch nicht, nachdem Trump seine Regierung schon vergangenen Monat angewiesen hatte, dem Kongress die Zusammenarbeit bei dessen Ermittlungen pauschal zu verweigern. Die Demokraten versuchen nun, allerlei Zeugen mit Zwangsvorladungen zu Auftritten im Kongress zu bringen. Ob sie damit Erfolg haben, ist unklar.

Bei vielen Demokraten wächst deshalb der Frust. Verstummen werden die Impeachment-Rufe so rasch nicht. Dafür sorgt mit seinen Aussagen nicht zuletzt ein Mann: Donald Trump.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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