Donald Trump schätzt bekanntlich Männer, die sich öffentlichkeitswirksam zu inszenieren wissen. In dieser Hinsicht hat er mit Chris Wright als designiertem Energieminister eine passende Wahl getroffen. Wright ist Chef von Liberty Energy, einem der größten Fracking-Unternehmen der USA, er hat die umstrittene Technologie zur Erdgasförderung sogar einst mitentwickelt. Die Sorgen ums Klima hält er insofern schon von Berufs wegen für übertrieben. „Es gibt keine Klimakrise“, belehrt Wright sein Publikum gern. Wer das behaupte, falle auf den Alarmismus linker Aktivisten herein. Und wen er für scheinheilig hält, führt der Manager bisweilen vor. Als die Textilmarke North Face sich weigerte, ihre Jacken mit dem Logo einer Ölfirma zu bedrucken, ließ Wright in seiner Heimatstadt Denver großformatige Plakate aufhängen: „Die Daunenjacke sieht super an dir aus, und sie wurde aus fossilen Rohstoffen gemacht. Deine Freunde in der Öl- und Gasindustrie.“
Auch wegen solch schriller Aktionen hält Trump den Unternehmer wohl für die richtige Person, seine energiepolitische Agenda umzusetzen. Die Vereinigten Staaten sollen „energiedominant“ werden, so hat es Trump versprochen. Zu diesem Zweck will er noch mehr Öl und Gas fördern, als die USA es ohnehin schon tun. „Bohren, Baby, bohren“ lautet der Schlachtruf, mit dem der kommende Präsident den für spätestens 2050 vorgesehenen Abschied von fossilen Rohstoffen auf unbestimmte Zeit hinauszögern will.
Auf der anderen Seite der Welt, in Baku, Aserbaidschan, blicken viele Teilnehmer der 29. Weltklimakonferenz mit Abscheu auf das Treiben in den USA. Denn ohne Abkehr von Kohle, Öl und Gas lässt sich der Temperaturanstieg nicht stoppen. Wie um den Anwesenden Mut zu machen, erklärte John Podesta, Klima-Sonderberater des noch amtierenden US-Präsidenten Joe Biden: Der Sieg Trumps sei nicht das Ende des Kampfs gegen die Erderwärmung. „Fakten sind Fakten. Dieser Kampf ist größer als eine Wahl in den USA.“
Kann Trump Bidens Klimapolitik überhaupt vollständig abwickeln?
Dabei bekunden einige Beobachter, dass weder Trump noch Wright die Macht hätten, die Energiewende aufzuhalten. Der Markt würde das inzwischen regeln, denn Technologien wie Solar, Windkraft oder Batterien werden immer billiger. In den USA unterstützt der „Inflation Reduction Act“ (IRA), ein Subventionsprogramm der Regierung Biden, Unternehmen bei Investitionen in Klima-Technologien; die Firmen erhalten dafür Steuergutschriften. Diese sollen sich im Verlauf von zehn Jahren auf mehr als 700 Milliarden Dollar summieren. Das bringt Umsatz, Gewinne, Jobs. Größte Profiteure sind bislang Bundesstaaten mit republikanischen Gouverneuren. 18 Republikaner im Kongress erklärten im August, sie würden sich Einschnitten beim IRA widersetzen.
Selbst die fossile Industrie will zumindest einige der Steuererleichterungen behalten. Konzerne wie ExxonMobil oder Chevron investieren längst auch in Wasserstoff, Biokraftstoffe oder das Verpressen von Treibhausgasen unter die Erde. Occidental Petroleum baut gerade für 1,3 Milliarden Dollar eine Anlage, um Kohlendioxid aus der Luft zu filtern.
Biden erklärte beim G-20-Gipfel in Rio de Janeiro, niemand könne die Revolution der sauberen Energien rückgängig machen. Sein Energieministerium versucht, bereits beantragte Milliardenkredite noch vor der Amtsübergabe am 20. Januar zu genehmigen. Etwa für Batteriefabriken, Ladeinfrastruktur oder die Produktion von Elektrolyseuren. Von solchen Staatskrediten hat einst auch der E-Auto-Hersteller Tesla profitiert, dessen Chef Elon Musk nun einer von Trumps einflussreichsten Wahlkampfhelfern war. Wird die neue Regierung dennoch solche Kreditprogramme stoppen? Ausgerechnet Musk soll ja nun Vorschläge machen, die Staatsausgaben drastisch zu kürzen.
Die Prioritäten im Energieministerium dürften sich jedenfalls verschieben. Trump glaubt, dass noch mehr Öl und Gas zu niedrigeren Preisen für Wirtschaft und Verbraucher führen. Und dass anschließend auch die Preise für alle weiteren Konsumgüter sinken. Der Kampf gegen die hohen Lebenshaltungskosten gehörte zu seinen wichtigsten Wahlkampfversprechen.
Dabei erlebte die fossile Branche bereits unter Joe Biden einen beispiellosen Boom. Nie hat ein Land mehr Erdöl gefördert, als die USA es heute tun. Trotzdem plant Trump, Beschränkungen zu kippen – etwa den von Biden verhängten Vergabestopp neuer Lizenzen für Flüssiggasexporte. Auch dürfte er mehr Bohrungen nach Öl und Gas auf bundeseigenem Land und in den Meeren genehmigen. Dafür will er eine neue Institution namens National Energy Council schaffen, die der Fracking-Manager Wright zusammen mit dem designierten Innenminister Doug Burgum leiten soll.
Der Handelsverband American Petroleum Instituts (API) formulierte bereits ein Fünf-Punkte-Wunschprogramm für den „lieben gewählten Präsidenten“. Schließlich unterstützten die Konzerne den Trump-Wahlkampf mit Millionen. Ganz oben steht der Kampf gegen die Elektromobilität. Trump solle Abgasvorschriften für Fahrzeuge streichen, zudem Kalifornien und zwölf weiteren Bundesstaaten verbieten, Benzin- und Dieselautos langsam von den Straßen zu verbannen. Denn der Wandel hin zu Stromautos bedroht den wichtigsten Absatzmarkt der Ölkonzerne.
Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert bereits eine weltweit sinkende Nachfrage nach Öl und Gas, die Konzerne müssen einen Preisverfall fürchten. Wohl auch deshalb lautet Wunsch Nummer zwei des API, die „geopolitische Stärke“ auszubauen. Big Oil ist auf Exporte angewiesen. Schon wird spekuliert, Trump könnte Lust auf einen Deal bekommen: Keine Zölle auf europäische Autos, dafür nimmt die EU noch mehr amerikanisches Gas ab. Ob es so kommt?
Noch deuten die Stimmen in verschiedene Richtungen. Die überraschendste Wortmeldung kam dabei vom Chef des Ölgiganten ExxonMobil. Darren Woods mahnte in Baku, dass die USA doch im Pariser Klimaabkommen bleiben sollten. „Es hilft unserem Land nicht, ständig rein- und rauszugehen.“