Süddeutsche Zeitung

Donald Trump:Der getriebene Präsident geht auf Reisen

  • Donald Trump ist am Freitag zu seiner ersten Auslandsreise aufgebrochen.
  • Der US-Präsident wird unter anderem Saudi-Arabien, Israel und den Papst besuchen.
  • Seine Gastgeber werden Trump aus verschiedenen Gründen wohl freundlich empfangen.

Von Hubert Wetzel

Wären die Zeiten normal, dann hätten die Mit- und Zuarbeiter von US-Präsident Donald Trump wohl eine Heidenangst vor den kommenden Tagen. Der außenpolitisch unerfahrene amerikanische Staatschef ist am Freitag zu seiner ersten Auslandsreise aufgebrochen, und es ist - diplomatisch gesehen - äußerst schwieriges Terrain, auf dem er sich bewegt. Zuerst besucht er Saudi-Arabien, Israel und das Westjordanland, danach reist er weiter zum Papst und zu den europäischen Verbündeten. Ein Präsident, der in diesen Ländern nicht sehr vorsichtig auftritt, der sich nicht genau ans Protokoll und seine Sprechzettel hält, kann viel Schaden anrichten. Für Vorsicht und Rücksichtnahme auf diplomatische Gepflogenheiten ist Donald Trump nicht bekannt.

Aber die Zeiten sind nicht normal. Trump bereist die Welt nicht als starker, politisch gefestigter US-Präsident, sondern als Getriebener. Er ist erst seit vier Monaten im Amt, und sein eigenes Justizministerium hat bereits einen Sonderermittler eingesetzt, um zu untersuchen, ob es illegale Absprachen zwischen Trumps Wahlkampfteam und der russischen Regierung gab. Wie die Washington Post am Freitagabend berichtete, sei inzwischen eine Person ins Visier der Ermittler geraten, die im unmittelbaren Umfeld des Präsidenten arbeite. Doch Trump fühlt sich als Opfer einer "Hexenjagd", kein Politiker in der Weltgeschichte sei jemals ungerechter behandelt worden, beklagte er jüngst. Die Angst, dass er bei seiner Reise durch improvisierte Äußerungen oder erratisches Verhalten außenpolitische Verwerfungen auslösen könnte, wird überdeckt von der Erleichterung, dem toxischen Klima in Washington kurz zu entkommen.

Zudem kann Trump darauf bauen, dass seine Gesprächspartner seine Misere nicht vergrößern wollen. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte es geschafft, im Nahen Osten Saudis, Israelis und Palästinenser gleichermaßen zu enttäuschen und zu vergrätzen. Trump mag sich im Wahlkampf immer wieder unschön über den Islam und Muslime geäußert haben - das saudische Königshaus sieht Trump als Verbündeten im Ringen gegen die rivalisierende Regionalmacht Iran und wird ihm einen pompösen Empfang bereiten.

Ähnliches gilt für Israel. Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte Obama dessen Kritik am Siedlungsbau, vor allem aber das Atomabkommen mit Iran sehr übel genommen. Donald Trump, hofft er, werde in der Region eine Politik machen, die eher Israels Interessen entspricht. Dafür wird Netanjahu darauf verzichten, dass Trump sein Wahlversprechen einlöst und die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt.

Auch die europäischen Verbündeten, die Trump zuerst beim Nato-Gipfel in Brüssel, dann später beim G-7-Gipfel in Italien treffen wird, haben wenig Interesse daran, dem Präsidenten das Leben noch schwerer zu machen. Die Europäer sind heilfroh, dass Trump seine Äußerung, die Nato sei "überflüssig", zurückgenommen und seine irritierend freundliche Sicht auf Russland revidiert hat. Trumps Verteidigungsminister, der ehemalige General James Mattis, hat den Nato-Partnern unermüdlich versichert, dass Amerika weiter fest an ihrer Seite stehe. Da wäre es unklug von den Europäern, Trump dadurch zu verärgern, dass sie ihn nicht mit allem Respekt begrüßen - unabhängig davon, ob sie ihn nun für einen besonders kompetenten Kollegen halten.

Der Papst gilt den Rechten in Amerika als beliebte Zielscheibe

Der einzige Gesprächspartner Trumps, der keine politische Rücksicht auf die Gefühlslage des US-Präsidenten nehmen muss, ist Papst Franziskus. Der Pontifex ist in den vergangenen Monaten in den rechtspopulistischen Medien in Amerika zu einer beliebten Zielscheibe geworden, weil er den Westen immer wieder zu einem humanen Umgang mit Flüchtlingen mahnt.

Einige Trump-Berater, allen voran Chefstratege Stephen Bannon, sind der Ansicht, das christliche Abendland befinde sich in einem existenziellen Abwehrkampf gegen den "islamischen Faschismus". Auch diese Meinung teilt Franziskus nicht, und wird das dem Präsidenten bei Bedarf wohl auch deutlich sagen.

Von der Opposition daheim darf Trump jedenfalls keine Gnade erwarten. Die Demokraten werden versuchen, den Druck aufrechtzuerhalten. Und die Bereitschaft des Regierungsapparats, immer neue, für Trump schädliche Informationen an die Medien durchzustechen, ist hoch.

Übernächste Woche könnte der von Trump geschasste FBI-Chef James Comey im Kongress aussagen, er wirft dem Präsidenten vor, die Russland-Ermittlungen behindert zu haben. Und noch bevor sich Trump beim ersten Auslands-Termin zeigte, holte ihn der heimische Albtraum ein: Am Freitagabend meldete die New York Times, dass Trump bei seinem jüngsten Treffen mit Russlands Außenminister gesagt habe, die Entlassung Comeys habe ihm große Erleichterung verschafft - der Mann sei "verrückt" gewesen.

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SZ vom 20.05.2017/jael
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