Ryan Wesley Routh ist 58 Jahre alt, ehemaliger Dachdecker aus North Carolina – und er wollte am Sonntag auf einem Golfplatz in Florida mutmaßlich auf den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump schießen: Relativ schnell nach dem mutmaßlichen Attentatsversuch – dem zweiten auf Trump innerhalb von zwei Monaten – wurden Informationen über den Tatverdächtigen bekannt, den die New York Times kurioserweise erst im vergangenen Jahr für einen Artikel über US-Amerikaner, die die Ukraine im Krieg gegen Russland unterstützen wollten, interviewt hatte.
So viel scheint festzustehen: Routh ist ein vehementer Unterstützer der Ukraine und besuchte das Land im Jahr 2022, nachdem Russland es überfallen hatte. Er wollte dem Land nach eigenen Angaben helfen, indem er afghanische Kämpfer rekrutiert und dort hinschafft. So stellte er es in einem Telefongespräch dar, an das sich der Autor der New York Times nun in einem aktuellen Artikel erinnert. Routh habe „mit der Selbstsicherheit eines erfahrenen Diplomaten“ von seinen Plänen erzählt, afghanische Soldaten, die vor den Taliban flohen, für den Krieg der Ukraine gegen Russland zu rekrutieren. Er habe von gefälschten Pässen, bestechlichen Beamten und an einer Stelle sogar von einem US-Militärtransporter gesprochen, der die afghanischen Soldaten aus dem Irak nach Polen bringen sollte. „Als das Gespräch endete, war klar, dass ihm die Sache weit über den Kopf gewachsen war“, erinnert sich der Reporter. Danach habe er den Kontakt zu Routh verloren.
Attentatversuch auf Trump:Mit aller Gewalt
Donald Trump ist im Wahlkampf zuletzt eher untergegangen neben Kamala Harris. Jetzt gab es offenbar wieder einen Attentatsversuch auf ihn, und schon pesten seine Unterstützer wieder Hass in die Welt – als wäre nicht genau das der Grund für viele dieser Übergriffe.
Am Sonntag soll der 58-Jährige, der inzwischen im Bundesstaat Hawaii lebt und dort als selbständiger Bauunternehmer arbeitet, mit seinem Gewehr durch einen Zaun am Trump International Golf Club in West Palm Beach gezielt haben, als der ehemalige Präsident dort eine Runde Golf spielte. Der Verdächtige habe sich in einem Gebüsch in einer Entfernung zwischen 300 und 500 Yard (etwa 275 bis 450 Meter) versteckt. Aus von US-Medien veröffentlichten Gerichtsdokumenten geht hervor, dass sich das Mobiltelefon von Routh zuvor rund zwölf Stunden lang am Tatort befand – und damit wohl auch er selbst.
Secret-Service-Agenten begleiten Trump zu allen Zeiten, einer von ihnen entdeckte die Gewehrspitze und eröffnete sofort das Feuer, wie der County Sheriff von Palm Beach, Ric Bradshaw, in einer Pressekonferenz nach dem Vorfall berichtete. Der Verdächtige habe keinen Schuss abgegeben, sagte Bradshaw dem Sender Fox News. Er habe seine Waffe fallen lassen, nachdem er entdeckt wurde, und sei in einem schwarzen Nissan-SUV geflohen. Offenbar blieb er unverletzt. Ein Zeuge soll ihn noch dabei beobachtet und das Fahrzeug sowie das Kennzeichen fotografiert haben.
Auf der Interstate 95, einer amerikanischen Autobahn, sei der Mann später von Polizisten angehalten und festgenommen worden. Er soll unbewaffnet und ruhig gewesen sein. Der Zeuge, der das Foto vom Auto gemacht hatte, identifizierte ihn schließlich als den Verdächtigen vom Golfplatz. Dort fand die Polizei in den Büschen eine Waffe, ein Gewehr im SKS-Stil, zwei Rucksäcke und eine Kompaktkamera. Bradshaw zufolge wurden auch Keramikfliesen gefunden. „Das war glaube ich ein Versuch, sich eine Art Schutzpanzer zu verpassen, falls jemand auf ihn schießen würde“, sagte der Sheriff bei Fox News.
Der Sohn des Verdächtigen beschreibt seinen Vater als fürsorglichen Mann
In sozialen Medien war Routh in der Vergangenheit immer wieder mit proukrainischen Einträgen aufgefallen. Er wollte offenbar potenzielle ausländische Kämpfer motivieren, in das Land zu reisen und es gegen Russland zu verteidigen. Im April 2022 interviewte ihn die Nachrichtenagentur AFP in Kiew, davon existieren Videoaufnahmen und Bilder. „Wir brauchen jeden auf der Welt, um sie (die Russen; Anm. d. Red.) zu stoppen, und hierherzukommen, um die Ukrainer zu unterstützen, diesen Krieg zu beenden“, sagt Routh darin. Die ukrainische Fremdenlegion bestätigte CNN, dass Routh zwar mehrmals Kontakt aufgenommen habe, aber nie Teil der militärischen Einheit für ausländische Kämpfe gewesen sei.
US-amerikanische Medien berichten außerdem, dass Routh bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei, allerdings nie wegen derart gravierender Vorwürfe, wie sie jetzt gegen ihn erhoben werden. Im Jahr 2002 wurde er demnach festgenommen, als er bei einer Polizeikontrolle zu einer Schusswaffe gegriffen und sich schließlich versteckt haben soll. Er soll darüber hinaus Zehntausende Dollar in Zivilprozessen an verschiedene Kläger gezahlt und mehrfach seine Steuerschulden nicht pünktlich beglichen haben. Im März dieses Jahres soll er noch als demokratischer Wähler registriert gewesen sein und bei den Vorwahlen abgestimmt haben.
Ein Sohn des Verdächtigen sagte zu CNN, dass es nicht der Art seines Vaters entspreche, „so etwas Verrücktes, gar Gewalttätiges“ zu tun. Ryan Routh sei ein liebender und fürsorglicher Vater, zudem ein hart arbeitender Mann. „Ich weiß nicht, was in Florida vorgefallen ist, und ich hoffe, dass die Sache nur unverhältnismäßig aufgeblasen worden ist“, sagte der Sohn. Sein Vater befindet sich nun in Haft. Gegen ihn ist vor einem Bundesgericht in Florida Anklage erhoben worden.
Dem 58-Jährigen werden der Besitz einer Feuerwaffe als verurteilter Straftäter und der Besitz einer Feuerwaffe mit unkenntlich gemachter Seriennummer vorgeworfen. Weitere Anklagepunkte könnten folgen. Eine Haftanhörung sei für den 23. September, die Anklageverlesung für den 30. September geplant.