Donald Trump liebt es bekanntlich, alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. So war es auch am Montag im Oval Office wieder, als zu seiner Rechten Benjamin Netanjahu Platz genommen hatte. Israels Premier, selbst kein Mann, der das Licht der Kameras scheut, wirkte auffällig zurückhaltend, als sein Gastgeber Überraschendes zu verkünden hatte. Mit Iran führe man „direkte Gespräche“, informierte der US-Präsident die anwesenden Medienleute. Schon am Samstag werde es in Oman ein „sehr großes Treffen“ geben, um über Teherans Atomprogramm zu reden.
Offiziell hatten das Emissäre beider Seiten zuletzt 2015 getan. Damals regierte noch Barack Obama im Weißen Haus. Vereinbart wurde seinerzeit jener Deal, den Trump selbst drei Jahre später aufkündigte. Das Abkommen hatte sicherstellen sollen, dass das Regime in Teheran nicht in den Besitz von Nuklearwaffen gelangt. Seither scheint Teheran dem Bau einer Atombombe näher zu sein denn je, entsprechend eilig haben es nun die USA und Israel.
Omanische Diplomaten sollen die Botschaften zwischen beiden Seiten hin- und hertragen
Laut CNN hatte Trump die iranische Führung im vergangenen Monat in einem Brief zu Verhandlungen über ein neues Nuklearabkommen aufgefordert. Zugleich stellte er offenbar ein zweimonatiges Ultimatum, um eine Einigung zu erzielen. Trump hatte das Mullah-Regime immer wieder aufgefordert, das Nuklearprogramm aufzugeben. „Wenn sie keinen Deal machen, wird es Bomben geben“, sagte er Ende März bei NBC. „Es wird ein Bombardement geben, wie sie es noch nie zuvor gesehen haben.“
Ayatollah Ali Chamenei hatte die Drohung als irrational bezeichnet und erwidert, Iran sei zu einem Gegenschlag in der Lage. Der iranische Präsident Massud Peseschkian lehnte in seiner Antwort auf Trumps Schreiben direkte Verhandlungen mit den USA ab, erklärte aber die Bereitschaft zu einem „indirekten Dialog“. Die New York Times berichtete am Montagabend, dass diese Kontakte wie die Gaza-Gespräche in Oman stattfinden sollten.
Nach Angaben der Iraner würden Gesandte aus Teheran und Washington dort allerdings zunächst in verschiedenen Räumen sitzen und omanische Diplomaten die Botschaften hin- und hertragen. Bei Fortschritten sei die iranische Seite demnach dann offen für direkte Gespräche. Trump erwähnte weder die Bedingungen noch den Ort. Er verriet auch nicht, ob US-Außenminister Marco Rubio oder sein Nahost-Beauftragter Steve Witkoff seine Regierung vertreten würden (Letzterer wird es wohl sein).
Jedenfalls werde „auf fast höchster Ebene“ gesprochen, sagte Trump. Auf die Frage nach militärischen Konsequenzen im Falle eines Scheiterns antwortete er: „Ich denke, alle sind sich einig, dass eine Einigung besser wäre als das Offensichtliche. Wenn die Gespräche mit Iran nicht erfolgreich sind, wird Iran in großer Gefahr sein.“ Große Gefahr bedeutet vermutlich so viel wie Bomben.
Der New York Times zufolge war Netanjahu während des öffentlich zugänglichen Teils seines Treffens mit Trump im Weißen Haus auffällig still. Er sagte lediglich, jeder Deal mit Iran müsse sich am „libyschen Modell“ orientieren. 2003 hatten die USA und andere Mächte mit dem damaligen Machthaber in Tripolis, Muammar Gaddafi, dessen Verzicht auf ein Nuklearprogramm vereinbart. Daraufhin waren sämtliche Anlagen zur Anreicherung von atomwaffenfähigem Material außer Landes geschafft worden.
Netanjahu gilt gegenüber Iran als Hardliner. Zu Gast bei Trump sagte er jedoch, dass er eine diplomatische Lösung wie 2003 in Libyen begrüßen würde. „Ich denke, das wäre eine gute Sache“, sagte er. „Aber was auch immer passiert, wir müssen sicherstellen, dass Iran keine Atomwaffen hat.“ Geschwächt ist die Islamische Republik seit israelischen Angriffen auf die Luftverteidigung, noch mehr sind es die von Iran unterstützten Milizen Hamas in Gaza und Hisbollah in Libanon. Die USA hatten zuletzt außerdem Anlagen der Huthi-Miliz in Jemen bombardiert.
Trump bekräftigt seine Absicht, den Gazastreifen in Besitz zu nehmen
Eine geplante Pressekonferenz Trumps mit Netanjahu wurde allerdings kurz vor dem Treffen im Weißen Haus abgesagt – vielleicht, damit angesichts der US-Strafzölle und der dadurch ausgelösten Turbulenzen an den Finanzmärkten nicht zu viele Fragen gestellt würden. Am Tagesthema Finanzchaos kam Trump beim Fototermin mit Netanjahu im Oval Office dann doch nicht ganz vorbei. Der Gastgeber verteidigte seinen Großangriff auf den Welthandel ausführlich, nachdem am Vormittag das Gerücht die Runde gemacht hatte, dass die Zölle wegen des Kursverfalls an den Börsen für 90 Tage ausgesetzt werden könnten. Dem widersprach Trump und nannte seine Importhürden für nahezu alle Länder „eine schöne Sache“. Israel ist ebenfalls betroffen und soll für Einfuhren ins Partnerland USA außer den generellen zehn Prozent künftig zusätzliche 17 Prozent entrichten. Das wäre eine mittlere Katastrophe für die israelische Wirtschaft. Netanjahu versprach bei seinem Besuch einen Abbau des Handelsdefizits, um die Sache zu regeln.
Thema der beiden war auch der weitere Umgang mit dem Gaza-Konflikt. Trump legte beim Kamera-Termin mit Netanjahu nach. Er nannte das Gebiet erneut „ein unglaubliches Stück wichtigen Grundbesitzes“ und sprach von seiner „langfristigen Vision“, die Palästinenser von dort zu vertreiben und dann Gaza wiederaufzubauen. „Eine Friedensmacht wie die Vereinigten Staaten, die den Gazastreifen kontrolliert und besitzt, wäre eine gute Sache“, sagte er und behauptete, dass „viele Länder“ die 2,1 Millionen Palästinenser aufnehmen würden.
Dafür gibt es zwar keine Hinweise, doch nach Trumps Lesart wäre Gaza dann „eine Freiheitszone, eine freie Zone, eine Zone, in der nicht jeden Tag Menschen getötet werden“. Gaza sei „ein großartiger Ort, an dem niemand leben möchte“, sagte Trump. Israel hätte Gaza für seinen Geschmack nie hergeben dürfen, jetzt sei dies „einer der gefährlichsten Orte der Welt“. Trump sagte, man setze sich für eine neue Waffenruhe und weiterhin für eine Befreiung der Geiseln ein.Ein Wort hatte der US-Präsident auch für Israels Spannungen mit der Türkei, einem der US-Verbündeten in der Region. „Wir müssen vernünftig sein“, sagte er. Allerdings ist es bekanntlich nicht immer klar, was Trump unter Vernunft versteht.