Dokumentation II: Die Ablehnung:"Nicht akzeptabel"

Die Gründe für die Ablehnung: Stellungnahme des Gründungsmitglieds Klaus Mayer zu der von Altkanzler Helmut Kohl geforderten Satzungsänderung.

1.

Grundsätzlich ist zunächst zu fragen, ob eine Satzungsänderung überhaupt nötig und insbesondere möglich ist.

Nach § 17 der geltenden Satzung vom 10. Mai 2005 kann der Vorstand die Satzung mit einer Mehrheit von drei Viertel seiner Mitglieder ändern, wenn dieses aufgrund einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse notwendig wird.

Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse seit Inkrafttreten der Satzung am 23. Juni 2005 mit der Umwandlung der bis dahin nichtrechtsfähigen Hannelore Kohl Stiftung in die rechtsfähige ZNS-Hannelore Kohl Stiftung für Verletzte mit Schäden des Zentralen Nervensystems ist nicht eingetreten. Vielmehr hat sich die finanzielle Situation stabilisiert. Die Spendeneinnahmen und Gesamteinnahmen waren in Jahren 2004 bis 2008 höher als in den Jahren zuvor, auch als in den Jahren 1996 bis 2002. (Beleg: Entwicklung Einnahmen/Aufwand seit 1983).

Das Ansehen der Stiftung bei den Betroffenen, behandelnden Ärzten, wissenschaftlichen Fachgesellschaften, sozialen Organisationen und Versicherungsträger aller Art hat weiter zugenommen. Damit ist der Name Hannelore Kohl als Gründerin des Kuratorium ZNS und als Stiftungsinitiatorin eng verbunden und hochgeachtet. Für die von unserem Ehrenvorsitzenden zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen, dass das Lebenswerk seiner verstorbenen Ehefrau und das Wohl der Stiftung künftig Schaden nehmen könnte, besteht überhaupt kein Anlass. Für alle für die Stiftung Tätigen war in den vergangenen Jahren und ist auch weiterhin ihr Wirken Verpflichtung. Es gibt keine Ereignisse im vergangenen Jahr, das dem entgegenstehen würde. (Die Fehlentscheidung des Vorstandes bei der Bestellung des Geschäftsführers ist ausgeräumt. Gewisse Irritationen bei uns nahe stehenden Organisationen und Fachkreisen sind durch den unermüdlichen und überzeugenden Einsatz vieler der für die Stiftung Tätigen beseitigt).

2.

Der vorliegende Satzungsentwurf sieht keine Änderung des Stiftungszweckes vor. Das ist gut so. Eine solche Änderung hätte allerdings auch Einstimmigkeit im Vorstand gefordert. Der Satzungsentwurf ist aber auch nicht imstande, die Verwirklichung des Stiftungszweckes zu verbessern. Nach diesem Entwurf fallen Kuratorium und Beirat ersatzlos fort, mit dem Kuratorium das wesentliche Beratungs- Mit der 2005 erarbeiteten und der der nunmehr rechtsfähigen Stiftung gegebenen Satzung war ausdrücklich gewünscht, die bisherigen Mitglieder des Kuratoriums und ihre für die Stiftung auch künftig so wichtige Mitarbeit zu erhalten. Mit Fortfall des Kuratoriums würde vor allem der gesamte, für diese Stiftung unersetzliche ärztliche und psychologische Sachverstand fortfallen.

Der im Vorstand vorgesehene "Arzt" genügt nicht. Hier bedarf es eines spezifisch qualifizierten Arztes. So wird im §9 der noch geltenden Satzung zu Recht ausdrücklich ein Arzt "mit Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet der Neurowissenschaften entsprechend dem Zweck der Stiftung" gefordert.

Wesentlich ist aber: Das Kuratorium ist oberstes Organ der Stiftung. Es bestellt den/die Präsidenten/in und den Vorstand und kann ihn abberufen. Das Kuratorium entlastet den Vorstand und hat somit außer der Beraterfunktion weitreichende Kontrollfunktion. Diese Kontrollfunktion wurde bei der Umwandlung in eine rechtsfähige Stiftung bewusst eingerichtet, eben damit der Wille der Gründerin in der Stiftungsarbeit dauerhaft erhalten bleibt. Im Übrigen ist m. W. das alles seinerzeit von Herrn Dr. Schoser mit dem Ehrenvorsitzenden abgesprochen worden und von diesem gebilligt worden.

Ungeachtet dessen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass heute die Öffentlichkeit, die Spender und die Spendeorganisationen erwarten und fordern, dass gemeinnützige Stiftungen ein Kontrollorgan haben. So fordert beispielsweise das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen/DZI in § 10 der Leitlinien für die Erteilung des Spenden-Siegels, dass sich das zur Entscheidung befugte Leitungsgremium (Z.B. Vorstand) einer inhaltlichen Kontrolle durch ein vom Leitungsgremium unabhängiges Aufsichtsorgan (z.B. Mitgliederversammlung) unterwirft....

3.

Im Satzungsentwurf ist auch der/ die Präsident/in gestrichen. Der/die Präsident/in repräsentiert die Stiftung in der Öffentlichkeit und ist für die Spendenaquisitation zuständig. Die derzeitige Präsidentin, die im Übrigen von unserem Ehrenvorsitzendem selbst erwählt und gebeten worden ist, hat diese Aufgaben sehr gut erfüllt. Sie hat bei zahlreichen Veranstaltungen mit zum Teil langen und mühevollen Anreisen und Aufenthalten die Stiftung gut und mit Charme vertreten und sich besonders um die Unfallverhütung und Prävention verdient gemacht. Und, wie bereits ausgeführt (S. 1.), war das Spendenaufkommen nicht geringer als vor 2003. Wer vom Vorstand oder der Geschäftsführung soll diese Aufgaben zusätzlich übernehmen? Abgesehen davon ist die Präsidentin für 5 Jahre bis Ende 2010 gewählt. Sie jetzt vorzeitig durch Satzungsänderung abzuberufen, halte ich für unbillig.

4.

Heutzutage nicht nachvollziehbar und nicht akzeptabel ist der Versuch, die Stiftung in eine sozusagen Familienstiftung in der Art eines althergebrachten Familienunternehmens mit einem allein und autoritär bestimmenden und leitendem Familienmitglied umzuwandeln, der zwar unterstützt wird von einem Vorstand, die Mitglieder des Vorstandes aber beruft und abberuft und schließlich seinen/e Nachfolger/in selbst bestimmt! Die ZNS-Hannelore Kohl Stiftung ist keine Familienstiftung! Sie ist zu Recht nach der Stiftungsinitiatorin Hannelore Kohl benannt. Stifter de jure aber war sowohl 1993 als auch 2005 der Verein Kuratorium ZNS, 1993 "auf Anregung seiner Gründerin, Frau Dr.med.h.c. Hannelore Kohl". Ihr Verdienst ist, unermüdlich Zustifter motiviert zu haben und so das Stiftungskapital vermehrt zu haben. Das ist nicht vergessen und wird nicht vergessen werden. Deswegen ist die Stiftung aber noch keine Familienstiftung. Ich habe keine Bedenken, Herrn Dr. Helmut Kohl persönlich als Ehrenvorsitzendem und Sachwalter des Willens seiner verstorbenen Ehefrau oder einem der Söhne gewisse Rechte im Vorstand einzuräumen. Wer aber kennt sonst noch "familiennahe" und in der Nachfolge den Willen unserer verstorbenen Gründerin Hannelore Kohl?

Abgesehen davon weisen die Bestimmungen zum Vorstand einige Unklarheiten und Widersprüche in sich auf. Auf den "Arzt" als Mitglied habe ich bereits verwiesen. Weitere Fragen dürften sich bei kritischer Durchsicht des Textes ergeben.

Professor Dr. Dr. Klaus Mayer Mitglied des Vorstandes seit 1983

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