Zunächst war es nur eine Forderung unter vielen, aufgeführt auf der zehnten von 37 Seiten im Kommunalwahlprogramm der CDU Heilbronn. „Obergrenzen für Dönerläden, Barbershops, Nagelstudios etc.“, hieß es dort. Die Forderung war damit weit hinter den Klassikern eines jeden CDU-Wahlkampfs aufgeführt, den Versprechen von mehr Sicherheit und Sauberkeit. Aber eben auch deutlich vor dem Ruf nach einer moderneren Stadtverwaltung.
Doch dann nahm die Debatte Fahrt auf, und die Forderung nach einer „Obergrenze für Dönerläden“ machte Schlagzeilen weit über die 132 000-Einwohnerstadt nördlich von Stuttgart hinaus. Der Wahlkampf hatte seinen Aufreger, denn es war ja auch ein Spiel mit einer Assoziation. Die Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge ist in der Asyldebatte seit Jahren eine Konstante. Und nun plädierte die CDU Heilbronn dafür, das umstrittene Steuerungsinstrument auch auf Dönerimbisse anzuwenden. Befürworter wie Gegner einer restriktiven Linie holten Rechtsgutachten ein. Im November will der im Juni gewählte Gemeinderat die Frage beraten. So wie die Dinge stehen aber eher nicht mit dem von der CDU gewünschten Ergebnis.
Dabei holte die CDU bei der Gemeinderatswahl die meisten Stimmen, sie kam auf 23,6 Prozent, mehr als 2019. Welchen Anteil daran eine einzelne Forderung hat, lässt sich seriös natürlich nicht bestimmen. Aber die Kommentarlage in den sozialen Medien lässt den vorsichtigen Schluss zu, dass sich zumindest ein Teil der Wählerschaft ein vielfältigeres gastronomisches Angebot in seiner Innenstadt wünscht. Und dass die Kombination des Begriffs Obergrenze mit einer Speise, der man einen gewissen Migrationshintergrund nicht ganz absprechen kann, offenbar zusätzliches Erregungspotenzial birgt.
Vor wenigen Wochen sah es noch gut aus für die Befürworter. Da stellte die Stadtinitiative „Mein Heilbronn“, in deren Vorstand auch CDU-Politiker sitzen, ein Gutachten vor. Dessen Ansatz ist im Detail durchaus komplex, aber die Kernaussage fasste die Nachrichtenagentur dpa so zusammen: Eine Obergrenze sei demnach rechtlich machbar. Auch in anderen Städten horchte man auf; den Eindruck, dass ihre Innenstadt veröde, haben die Heilbronner nicht exklusiv. Ziel des Vorstoßes, hieß es bei der Vorstellung des Gutachtens, sei ein vielfältigerer Gewerbemix, nicht das Bedienen von Ressentiments.
Vielfalt und Mischung, das gibt auch Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) als Ziel für die Innenstadt an. Allerdings hat die Stadt ebenfalls eine juristische Prüfung in Auftrag gegeben, und die kommt zu einem ganz anderen Ergebnis. Eine Obergrenze für Dönerimbisse, wie sie die CDU-Fraktion fordere, sei rechtlich nicht möglich, teilte Mergel mit. Mindestens genauso unerfreulich für die Fans einer restriktiven Linie ist eine mitgereichte Statistik: Laut einer Erhebung der Gesellschaft für Markt und Absatzforschung (GMA) für Heilbronn liege man mit 3,5 Dönerläden je 10 000 Einwohner unter dem Durchschnitt von Städten vergleichbarer Größenordnung. Ulm etwa komme auf einen Wert von 4,5. So gesehen hat Heilbronn sogar noch Wachstumspotenzial für Dönerläden.