Süddeutsche Zeitung

Ditib:Bundesregierung bedauert Absage der Ditib bei Anti-Terror-Demo

  • Die türkisch-islamische Union Ditib hat ihre Teilnahme an einer Anti-Terror-Demonstration in Köln abgesagt.
  • Nun erntet sie dafür Kritik von Muslimen und anderen Verbänden. Die Bundesregierung zeigte sich enttäuscht.
  • Die Ditib hatte ihre Absage damit begründet, dass die Demonstration gläubige Muslime stigmatisieren würde, weil sie in einen Kontext mit Terroristen gesetzt würden.

Die türkisch-islamische Union Ditib hat für ihre Absage ihrer Teilnahme an einer von Muslimen initiierten Anti-Terror-Demonstration heftige Kritik aus verschiedenen Richtungen geerntet. Die Ditib hatte ihre Absage damit begründet, dass solche Demonstrationen das Problem des internationalen Terrorismus auf Muslime verengen würden. Gläubige Muslime würden damit stigmatisiert.

Die Demonstration will unter dem Motto "Nicht mit uns" am Samstag in Köln ein Zeichen gegen Gewalt und Terror setzen. Angestoßen wurde der Protestmarsch von der Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und dem muslimischen Friedensaktivisten Tarek Mohamad. Erwartet werden 10 000 Teilnehmer unterschiedlicher Glaubensrichtungen.

Die Bundesregierung zeigt sich enttäuscht über die Absage der Ditib. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, er hätte sich die Beteiligung aller muslimischen Verbände gewünscht. Die Demonstration sei ein "wichtiges Zeichen von Muslimen in die Gesellschaft hinein, dass sie mit dem Terror und dem Missbrauch ihrer Religion durch die Terroristen nichts zu tun haben".

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: "Dass Ditib an dieser Kundgebung am morgigen Samstag nicht teilnehmen will, ist einfach schade." Seibert betonte, Merkel begrüße sehr, dass Muslime und ihre Freunde mit der Demonstration ein klares Zeichen gegen Gewalt und Terror setzen wollten. "Es ist gut, wenn Muslime klarmachen, dass in ihren Reihen und Moscheen kein Platz für Hass und Gewalt ist." Der Terror des IS und anderer sei eine Bedrohung für jeden friedliebenden Menschen, unabhängig von dessen Glauben. "Diese Mörder missbrauchen den Islam, dessen Werte sie in Wirklichkeit verhöhnen."

Kritik von unterschiedlichen Seiten

Die Haltung der Ditib wird aus ganz verschiedenen Richtungen kritisiert, auch von vielen Muslimen. Auf Facebook schreibt der liberale Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide, denen, die sich dem Aufruf verweigerten, gehe es offenbar um Machtinteressen und die eigene Profilierung. Dabei sei es "Kern der islamischen Lehre nach Prinzip zu handeln. Das Gute anzustreben, weil es gut ist, nicht opportunistisch im Sinne: 'Nur wenn ich was davon habe, dann ist eine Sache gut.'"

Die muslimische Netzaktivistin und Journalistin Kübra Gümüşay schreibt in einem Kommentar für den NDR, sie habe sich anfangs mit der Friedensdemonstration schwergetan: Weil die Aufforderung, sich vom Terror zu distanzieren, unterstelle, man könne ihn irgendwie gutheißen. Ein Gedanke habe sie schließlich zum Umdenken gebracht: Was würde sie tun, wenn diese Unterstellung nicht ständig im Raum stünde? Die Antwort ist eindeutig: "Ich denke, dann würde ich unter anderem einen Friedensmarsch organisieren. Oder ihn zumindest unterstützen."

Auch der Zentralrat der Muslime hat sich ausdrücklich für die Demonstration ausgesprochen. "Wir müssen weiter auf die Straße gehen, uns zeigen, für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und den Frieden kämpfen und den Extremismus verurteilen", sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek der Rheinischen Post.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), teilte mit, die ohnehin bereits umstrittene Ditib stelle sich mit ihrer Haltung weiter ins Abseits und drohe vollends ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen. Ihre Kollegin, die Integrationsbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Cemile Giousouf, erklärte, es gebe "keinen sachlichen Grund, die Teilnahme an der geplanten Demonstration gegen den islamistischen Terrorismus abzulehnen". Grünen-Parteichef Cem Özdemir nannte die Begründung der Ditib "mehr als fadenscheinig" und sagte, es sei ihm schleierhaft, warum der Verband die Möglichkeit nicht nutze, ein klares Signal des Zusammenhaltes zu senden.

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