Nicht mehr als "Fiktion" sei ein EU-Beitritt der Türkei, sagte der österreichische Bundeskanzler Christian Kern am Mittwoch - und plädierte für einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen. Dass dies nicht lange ohne Reaktion bleiben würde, war klar. Und so folgt am Tag danach die entrüstete Reaktion der Türkei.
"Kritik ist sicherlich ein demokratisches Recht. Aber es gibt einen Unterschied zwischen einer Kritik an der Türkei und einer Positionierung gegen die Türkei", sagt Europaminister Ömer Çelik. Die Forderung des Österreichers nach einem Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen weist er scharf zurück. "Es ist verstörend, dass seine Kommentare ähnlich wie die der Rechtsaußen klingen", fügt Çelik hinzu und spielt damit auf die Positionen der rechtspopulistischen FPÖ an.
"Nein. Nicht jetzt und nicht in den kommenden Jahrzehnten"
Der Sozialdemokrat Christian Kern sagte in der österreichischen Tageszeitung Die Presse und im ORF, dass ein EU-Beitritt der Türkei nicht in Frage käme: "Nein. Nicht jetzt und nicht in den kommenden Jahrzehnten." Die Europäische Union müsse sich einen neuen Weg für die Türkei überlegen. Denn bei aller Kritik sei das Land ein wichtiger Partner. Solch ein alternatives Konzept wolle er am 16. September im Europäischen Rat diskutieren.
Die deutsche Bundesregierung in Berlin wollte Kerns Äußerung nicht kommentieren, sondern verwies auf frühere Aussagen, dass die Beitrittsverhandlungen ergebnisoffen geführt würden. Die EU und die Türkei verhandeln seit 2005 über einen Beitritt.