Süddeutsche Zeitung

Diskussion um Atomkraft:"Vattenfall nicht mehr zuverlässig"

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Nach Meinung von Experten war der Störfall im Atomkraftwerk Krümmel zunächst als gravierender eingeschätzt worden. SPD-Politikerin Bierwirth bezeichnete Vattenfall als "nicht mehr zuverlässigen Betreiber". Peter Ramsauer (CSU) warnt hingegen vor Hysterie.

Nach Ansicht von Experten wurde der Störfall im Atomkraftwerk Krümmel als äußerst kritisch eingeschätzt. Es sei ein größerer Störfall befürchtet wordem , sagte Michael Sauler, Reaktorfachmann des Öko-Instituts gegenüber der Frankfurter Rundschau "Offenbar waren sich die Reaktor-Verantwortlichen unsicher, wie die Situation einzuschätzen war."

Die Vorsitzende des Umwelt-Bundestagsausschusses, Petra Bierwirth, hält den Vattenfall-Konzern nicht mehr für einen zuverlässigen Betreiber von Atomkraftwerken.

Nicht mehr zuverlässig

Neben den Ereignissen in Krümmel müsse sich der schwedische Konzern auch die vielen unerledigten Mängel aus einer sechs Jahre alten Sicherheitsüberprüfung von Brunsbüttel zurechnen lassen, sagte die SPD-Politikerin dem Südwestrundfunk. Der Zwischenfall vergangenes Jahr im Vattenfall-AKW Forsmark in Schweden bestätige die Bedenken nur.

Wenn man sich "hinstelle und sage: Ich bin zum einen für Atomkraftwerke, ich bin für Laufzeitverlängerung, aber mache meine Hausaufgaben nicht in meinem eigenen Unternehmen. Dann kann man sich schon die Frage stellen, ist das überhaupt ein zuverlässiger Betreiber?", sagte Bierwirth.

Auf die Frage, wie dies zu beantworten sei, sagte die SPD-Politikerin: "Also wenn ich jetzt zurückblickend mir auch noch mal überlege, was in Krümmel so alles passiert ist, dann sage ich schon mal ein Nein."

Auch der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz kritisierte den Kraftwerksbetreiber. Wolfram König forderte im Deutschlandfunk "vertrauensbildende Maßnahmen" von Vattenfall, wie zum Beispiel die Schwachstellenliste für seine Atommeiler offen zu legen.

König wies außerdem darauf hin, dass sich "meldepflichtige Ereignisse" bei älteren Atomkraftwerken häufen würden. Das zeige, dass es richtig sei, ältere Meiler vom Netz zu nehmen. Trotzdem beurteilte er die Pannen in Krümmel und Brunsbüttel als "nicht sehr gravierend".

Bierwirth fordert dennoch Konsequenzen aus den Vorfällen und bezeichnet personelle Veränderungen an der deutschen Vattenfall-Spitze als "Bauernopfer" und als nicht ausreichend. Die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sagte weiter, das Atomgesetz habe möglicherweise noch zu hohe Hürden für einen Lizenzentzug, so dass "Vereinfachungen" geprüft werden müssten.

Auch sei zu überlegen, die großen Sicherheitsüberprüfungen bei älteren Atomkraftwerken in kürzeren Zeitabständen vorzunehmen als bisher. Derzeit würden die Nuklearanlagen im Abstand von zehn Jahren umfassend getestet.

"Man muss nicht gleich alles in Frage stellen"

Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Peter Ramsauer, warnte in der Atomkraftdebatte hingegen vor Hysterie. Die Störungen seien nicht-atomaren Bereich des Kraftwerks aufgetreten, sagte Ramsauer der Passauer Neuen Presse . Das könne in jedem anderen Kraftwerk auch passieren.

"Wenn irgendwo ein Trafo durchbrennt, muss man nicht gleich die ganze Atomkraft in Frage stellen, egal wie man zu ihr steht", sagte Ramsauer. Er sei alles andere als ein Freund der Atomkraft.

"Aber sie gibt uns auch durch verlängerte Laufzeiten eine Überbrückungsmöglichkeit, damit wir das tun können, was wir dringend tun müssen: nämlich bei Energieeinsparung, Wärmedämmung oder dem Aufbau erneuerbarer Energien hinreichend schnell neues Potenzial zu erschließen", sagte er.

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