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Diskussion über neue Irak-Resolution:USA bitten UN um Hilfe

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Die Vereinigten Staaten wollen nach dem Anschlag auf die UN in Bagdad erneut um militärische Hilfe anderer Staaten bitten. Offenbar schwebt Washington eine multinationale Truppe vor, die das US-Militär unterstützen könnte. Allerdings scheinen die USA nicht bereit zu sein, Zugeständnisse bei der Kommandostruktur zu machen.

(SZ vom 22.08.2003) - Nach dem verheerenden Bombenanschlag am Dienstag auf das UN-Hauptquartier in Bagdad wollen die USA nun einen neuen Versuch unternehmen, andere Staaten an einer multinationalen Stabilisierungstruppe im Irak zu beteiligen.

Mit der Initiative reagiert die Regierung von George W. Bush auf die Kritik an der Besatzungspolitik im Irak. Unter anderem war Washington vorgeworfen worden, die UN nicht ausreichend geschützt zu haben und die Sicherheitslage im Land nicht in den Griff zu bekommen.

Der einflussreiche Auswärtige Ausschuss des US-Senats forderte Präsident Bush in einem Brief dazu auf, andere Länder bei der Stabilisierung des Irak mit einzubinden. Bush kündigte unterdessen für Anfang kommender Woche eine Grundsatzrede zum Irak an.

"Viele strittige Punkte"

Bisher hatten sich Staaten wie Frankreich, Russland oder Indien zurückhaltend zu der Idee einer internationalen Truppe geäußert. Sie fordern eine stärkere politische Rolle für die UN beim Wiederaufbau des Irak und Mitsprache bei wirtschaftlichen Entscheidungen.

Zwar hat der Sicherheitsrat bereits eine Resolution zum Aufbau verabschiedet, allerdings scheiterte die Entsendung etwa indischer oder türkischer Truppen an der Weigerung Washingtons, den UN eine größere Teilhabe zu gewähren.

Washington bemüht sich nun, die Empörung über den jüngsten Anschlag in eine neue Resolution münden zu lassen. Allerdings scheinen auch die neuen Resolutionsvorschläge auf die Forderungen dieser Staaten nicht ausreichend einzugehen. "Es gibt noch viele strittige Punkte, die geklärt werden müssen", sagte ein hoher UN-Beamter in New York.

In der US-Regierung verlaufen die Fronten zwischen dem Außen- und dem Verteidigungsressort. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld scheint der Forderung Powells nach einer internationalen Truppe nachgegeben zu haben. Allerdings sind sich die Minister einig, dass die USA ihre Kommandogewalt in dieser unsicheren Phase nicht teilen dürften.

Washington will Besatzungsregime internationaleren Anstrich geben

Nach Ansicht von UN-Diplomaten will Washington dem Besatzungsregime lediglich einen internationaleren Anstrich geben. Die US-Regierung werde aber keineswegs bereit sein, den militärischen Oberbefehl mit anderen Staaten wie Frankreich, Russland oder Deutschland zu teilen, hieß es in New York. Die Stabilisierungstruppe, die Powell im Sinn habe, könne sich unter anderem um den Schutz besonders gefährdeter Ministerien und Industrieanlagen kümmern, aber auch US-Spezialeinheiten beim Aufspüren von Terroristen unterstützen.

Bei dem Anschlag auf die UN-Zentrale sind 23 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen der UN-Sondergesandte Sergio Vieira de Mello. Unterdessen wächst auch bei den UN die Kritik an den amerikanischen Besatzungstruppen. Generalsekretär Kofi Annan erklärte, dass für einen effektiven Wiederaufbau im Irak ein "Umfeld der Sicherheit" unerlässlich sei.

Die Hauptverantwortung für die Sicherheit liege bei der US-Übergangsverwaltung, sagte Annan. Die US-geführte Koalition habe "Fehler gemacht, und vielleicht haben wir auch Fehler gemacht", fügte er hinzu. Einem Einsatz von UN-Blauhelmen steht Annan jedoch skeptisch gegenüber. Er machte deutlich, dass die UN eine politische und nicht unbedingt eine militärische Rolle anstrebten.

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Von Andreas Oldag
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