Direktwahl des Bundepräsidenten:Allianz gegen Köhler

In seltener Einigkeit verbunden: Grünen-Chefin Roth und CSU-Chef Seehofer halten wenig von Köhlers Vorschlag, das Staatsoberhaupt direkt wählen zu lassen.

D. Brössler und S. Höll

Bundespräsident Horst Köhler hat sich nach seiner Wiederwahl für mehr direkte Volksbeteiligung ausgesprochen. Er brachte eine Direktwahl des Staatsoberhaupts ins Gespräch. Zumindest für diese Idee erhielt er von CSU und Grünen offenen Widerspruch.

Direktwahl des Bundepräsidenten: Wollen den Bundespräsidenten künftig weiter von der Bundesversammlung wählen lassen: CSU-Chef Horst Seehofer und Grünen-Chefin Claudia Roth.

Wollen den Bundespräsidenten künftig weiter von der Bundesversammlung wählen lassen: CSU-Chef Horst Seehofer und Grünen-Chefin Claudia Roth.

(Foto: Foto: ddp, dpa)

"Das jetzige Wahlverfahren für das Amt des Bundespräsidenten und seine Amtsstellung haben sich bewährt. Da sehe ich keinen Änderungsbedarf", sagte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer der Süddeutschen Zeitung. Für Köhlers Vorschlag, die Bürger bei anderen wichtigen Entscheidungen zu beteiligen, zeigte Seehofer, aber "hohe Sympathie".

Auch Grünen-Chefin Claudia Roth sagte der SZ, sie halte nichts von einer Direktwahl, weil der Präsident dann mehr Macht erhalten würde. "Das ginge in Richtung französischer Verhältnisse. Nicolas Sarkozy ist das beste Beispiel dafür, warum wir so etwas nicht wollen können."

Die SPD unterstützte grundsätzlich die Anregungen Köhlers, die Bürger über Volksbegehren stärker an der Politik zu beteiligen und Volksentscheide zum Beispiel bei Verfassungsänderungen einzuführen. "In der nächsten Wahlperiode wird es darum gehen, mehr Demokratie zu wagen", sagte Generalsekretär Hubertus Heil. Ähnlich äußerte sich sein FDP-Kollege Dirk Niebel. Seine Partei setze sich seit langem für mehr Entscheide und Begehren der Bürger ein. "Mehr direkte Demokratie soll die repräsentative Demokratie nicht ersetzen, sondern bereichern."

Sehr reserviert reagierte die CDU. Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, es sei grundsätzlich richtig, über mehr Bürgernähe zu diskutieren. "Auf Bundesebene hat sich aber unsere repräsentative Demokratie bewährt. Daran sollten wir festhalten", fügte er hinzu.

Köhler war am Samstag in der Bundesversammlung mit der denkbar knappsten Mehrheit von 613 Stimmen wiedergewählt worden und hatte auch zumindest eine Stimme der Grünen sowie die Voten der Freien Wähler erhalten. Köhlers Herausforderin, die von SPD und Grünen favorisierte Gesine Schwan, erhielt 503 und damit elf Stimmen weniger, als Rot-Grün in der Bundesversammlung hatte. Darüber herrschte bei den Grünen Empörung.

Die Parteivorsitzende Roth zeigte sich enttäuscht über die Abgeordnete Silke Stokar, die als einzige Grüne öffentlich erklärt hatte, für Köhler gestimmt zu haben. Der Kandidat der Linkspartei, Peter Sodann, hatte nur die 89 Stimmen der Links-Delegierten erwartet, erhielt aber zwei Voten aus anderen Lagern. Die vier Rechtsextremen stimmten für ihren Kandidaten.

Der Bundesversammlung gehörten 1223 Wahlleute an; zwei Stimmen waren ungültig, zehn Delegierte enthielten sich. Der 66-jährige Köhler nannte die Themen Arbeit, Bildung und Integration als wichtige Themen seiner zweiten Amtszeit. Die Vorsitzenden der bürgerlichen Parteien, Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) begrüßten bei einem gemeinsamen Auftritt den Erfolg Köhlers. Die drei streben nach der Bundestagswahl eine Koalition an. SPD-Chef Franz Müntefering sagte hingegen, das Ergebnis sei kein Signal für Schwarz-Gelb im Bund. Köhler betonte nach der Wahl seine Unabhängigkeit. Er sagte, ein Bundespräsident verstehe sich nicht als Teil einer "Regierungskonstellation".

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